"Immer lächelte er"

Flüchtiger Anis Amri: Das sagen seine Geschwister

Ausland
22.12.2016 15:50

Die Geschwister des wegen des Anschlags auf den Berliner Weihnachtsmarkt gesuchten Tunesiers Anis Amri zeigen sich geschockt über die Ereignisse. "Als ich sein Foto in den Medien gesehen habe, habe ich meinen Augen nicht getraut", sagte der Bruder Abdelkader Amri der Nachrichtenagentur AFP in Tunesien. "Ich kann nicht glauben, dass er das Verbrechen begangen hat." Abdelkader Amri meinte weiters, falls sich "wider Erwarten" herausstellen sollte, dass der 24-Jährige für das Blutbad verantwortlich sei, verdiene er "jede Strafe".

"Wir lehnen den Terrorismus und die Terroristen ab - und wir haben keine Verbindung mit den Terroristen", so Abdelkader Amri. Möglicherweise sei sein Bruder in einem italienischen Gefängnis radikalisiert worden, wo er eingesessen sei, nachdem er Tunesien verlassen hatte. Amris Schwester Najoua sagte gegenüber der AFP: "Ich kann es nicht glauben. Wir haben nie den Eindruck gehabt, dass etwas nicht stimmte. Er hat über Facebook mit uns Kontakt aufgenommen, immer lächelte er und war fröhlich."

Walid Amri: "Dass Anis gesucht wird, habe ich auf Facebook gesehen." (Bild: AP)
Walid Amri: "Dass Anis gesucht wird, habe ich auf Facebook gesehen."

Bruder: "Wir haben keinen Kontakt zum IS"
Ein weiterer Bruder, Walid Amri, sagte der "Bild": "Dass Anis gesucht wird, habe ich auf Facebook gesehen. Ich habe keine Ahnung, ich weiß von nichts. Ich bin genauso betroffen wie alle anderen. Wir haben keinen Kontakt zum IS." Auf die Frage, ob er seinem Bruder einen solchen Anschlag zutraue, sagte Walid: "Ich habe keine Ahnung." Auch wo sich Anis derzeit aufhält, wisse er nicht: "Vor ungefähr zwei Wochen hatten wir das letzte Mal Kontakt über Facebook. Ich habe keine Handynummer von ihm, wir haben immer nur über Facebook geschrieben."

Mustafa Amri, der Vater des Attentäters von Berlin (Bild: AFP)
Mustafa Amri, der Vater des Attentäters von Berlin
Nour El Houda Hassani, die Mutter von Anis Amri (Bild: AP)
Nour El Houda Hassani, die Mutter von Anis Amri

Anis habe Tunesien im Jahr 2011 verlassen und sei zunächst nach Italien gegangen. "Er wollte von da aus nach Deutschland, um dort Arbeit zu finden. Das hat aber erst drei oder vier Jahre später geklappt. Anis ist der Einzige, der nach Deutschland kam. Er hat uns kein Geld geschickt, ich weiß gar nicht, ob er welches hatte. Wir selbst leben in bescheidenen Verhältnissen, wir leben ganz normal. Er sagte immer, dass er in Deutschland keine Wohnung hat, einmal hier und einmal da schläft. Bei unserem letzten Kontakt vor zwei Wochen sagte er, dass es ihm gut geht."

Najoua, eine der Schwestern von Anis Amri (Bild: AP)
Najoua, eine der Schwestern von Anis Amri

Schon in Tunesien Straftaten begangen
Anis Amri stammt aus einer kinderreichen Familie und hat acht Geschwister: fünf Schwestern und drei Brüder. Sie leben wie die Eltern in der Gemeinde Oueslatia nahe der Großstadt Kairouan, die rund 150 Kilometer südwestlich von Tunis liegt. Laut Angaben aus Sicherheitskreisen in Tunesien war Amri bereits in Kairouan durch Straftaten aufgefallen und wegen des Diebstahls eines Lastwagens auch festgenommen worden, bevor er 2011 nach Italien flüchtete. Dort wurde er wegen zahlreicher Delikte zu einer vierjährigen Haftstrafe verurteilt. Im Jahr 2015 reiste er schließlich nach Deutschland weiter.

Kinder auf der Straße vor dem Haus eines Onkels von Anis Amri (Bild: AP)
Kinder auf der Straße vor dem Haus eines Onkels von Anis Amri
Eine 90-jährige Nachbarin des Berlin-Attentäters (Bild: AFP)
Eine 90-jährige Nachbarin des Berlin-Attentäters

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