Gutachten empfiehlt:

“Hartz IV für alle Flüchtlinge in Deutschland”

Ausland
27.09.2016 06:50

In Deutschland leben nach Angaben der Bundesregierung fast 550.000 abgelehnte Asylwerber, doch mehr als drei Viertel von ihnen haben zumindest ein befristetes Aufenthaltsrecht. Angesichts der Schwierigkeiten bei Abschiebungen wird nun der Ruf nach Integrationsangeboten lauter. In einem neuen Gutachten empfiehlt eine SPD-nahe Stiftung, dass alle Flüchtlinge in Deutschland - also auch abgelehnte Asylwerber - Hartz IV und Sprachkurse bekommen sollen. Ob die Bundesregierung dieser Empfehlung allerdings Folge leisten wird, ist fraglich, da die CSU zuletzt verschärfte Abschieberegelungen forderte.

Spätestens wenn Asylsuchende auf die Gemeinden verteilt würden, müssten auch Menschen mit "schlechter Bleibeperspektive", sofern keine Aussicht auf eine schnelle Rückkehr in die Heimat bestehe, Zugang zu Sprache, Ausbildung und Arbeit erhalten, heißt es in dem Gutachten, das der Politologe Dietrich Thränhardt und die Sozialpädagogin Karin Weiss für die Friedrich-Ebert-Stiftung (FES) verfasst haben. Denn selbst bei einer Rückkehr in das Heimatland könnten Deutschkenntnisse und berufliche Kompetenzen von Vorteil sein - für den Betroffenen und für den Herkunftsstaat.

Hartz-IV-Empfänger erhalten 404 Euro im Monat
Die SPD-nahe Stiftung plädierte am Montag außerdem für eine Abschaffung des Asylwerber-Leistungsgesetzes. Stattdessen sollte jeder Flüchtling Hartz-IV-Leistungen erhalten. Damit könne man sich einen "erheblichen Bürokratieaufwand" sparen. Derzeit erhalten Hartz-IV- Empfänger 404 Euro im Monat plus Zuschüsse für Miete und Heizung. Hartz IV (benannt nach dem früheren VW-Manager Peter Hartz) ist eine Grundsicherungsleistung für erwerbsfähige Hilfsbedürftige in Deutschland. Eine Statistik im April besagte, dass bereits jeder vierte Ausländer Hartz-IV-Empfänger ist.

(Bild: dpa)

Die deutsche Arbeitsministerin Andrea Nahles hatte vor wenigen Monaten mit einem überraschenden Gesetzesentwurf aufhorchen lassen: Ihr schwebt vor, Ausländer aus anderen EU-Staaten für fünf Jahre von Hartz-IV-Leistungen und Sozialhilfe auszuschließen, wenn sie noch nie in Deutschland gearbeitet haben. Die SPD-Politikerin begründete ihren Vorstoß auch damit, dass Gemeinden davor geschützt werden müssten, unbegrenzt für mittellose EU-Bürger aufkommen zu müssen.

"Durchsetzung verbindlicher Mindeststandards"
Die FES jedoch sprach sich für eine Stärkung der Verantwortung der Gemeinden in der Flüchtlingspolitik aus. Gleichzeitig betonte sie, dies müsse mit der "Durchsetzung verbindlicher Mindeststandards" einhergehen. Sonst sei "angesichts steigender Skepsis in der Bevölkerung durchaus vorstellbar, dass einige Gemeinden eine neu zugestandene Kompetenz nutzen würden, um für Flüchtlinge unattraktiver zu werden".

Viele Hindernisse bei Abschiebungen
Dass Asylwerber trotz eines abgelehnten Antrags nicht abgeschoben werden, kann eine Reihe von Gründen haben. Häufig werden die Flüchtlinge von ihrem Herkunftsland nicht mehr aufgenommen. Ein Abschiebungshindernis liegt auch vor, wenn ein Flüchtling keine Papiere besitzt. Zudem können gesundheitliche Probleme der Grund für einen Verbleib in Deutschland sein.

(Bild: APA/AFP/Bulent Kilic)

CSU-Politiker: "Abgelehnte Asylwerber tanzen Staat auf Nase herum"
Der Vizevorsitzende der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Friedrich (CSU), forderte mit Blick auf die Zahlen eine Reform der Abschieberegeln. "Wer zulässt, dass abgelehnte Asylbewerber dem Staat derart auf der Nase herumtanzen, zerstört das Vertrauen der Bürger in die Handlungsfähigkeit des Staates", sagte er der "Bild"-Zeitung. "Die Rechtsvorschriften müssen dringend geändert werden."

Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth verwies darauf, die Zahl von einer halben Million abgelehnten Asylbewerbern in Deutschland sei "nicht die Bilanz von zwei oder drei, sondern die Summe von 40 Jahren". Auch er sprach sich dafür aus, die Zahl der Rückführungen zu steigern. "Ein großes Hindernis ist, dass sich zahlreiche Herkunftsstaaten de facto rechtswidrig weigern, ihre Staatsangehörigen zurückzunehmen", beklagte Habarth, ebenso wie Friedrich einer der Vizevorsitzenden der Unionsfraktion. "Es gilt, den Druck auf diese Staaten massiv zu erhöhen."

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