Hat noch Getreue
Irak: Vor zehn Jahren wurde Saddam Hussein gehängt
Heute vor zehn Jahren ist der irakische Machthaber Saddam Hussein hingerichtet worden. Am 30. Dezember 2006 starb er in einem seiner eigenen Folterzentren durch den Strang. Zuvor hatte er mehr als zwei Jahrzehnte lang unbarmherzig über sein Volk geherrscht. Doch zehn Jahre nach Saddams Tod ist die Lage im Irak desaströs.
Saddam Hussein wurde im Hauptquartier des Militärgeheimdienstes im Norden der Hauptstadt Bagdad gehängt. Augenzeugen, die die Hinrichtung im Morgengrauen verfolgten, berichteten anschließend, der 69-Jährige habe bis zuletzt keinerlei Einsicht gezeigt und seine Erzfeinde Iran und die USA verflucht.
"Er hat nicht um die Gnade Gottes gebeten"
"Ich habe keine Anzeichen der Angst gesehen", sagte der damalige nationale Sicherheitsberater Mowaffak al-Rubaie, der die Exekution beaufsichtigte, 2013 der Nachrichtenagentur AFP. "Ich habe kein Wort des Bedauerns von ihm gehört, er hat nicht um die Gnade Gottes oder um Vergebung gebeten." Er selbst habe den Hebel betätigt, um den Verurteilten zu hängen, doch dies habe nicht funktioniert, berichtete Rubaie. Ein namentlich nicht genannter anderer Beteiligter habe dann die Hinrichtung in einem zweiten Versuch zu Ende gebracht. Kurz vor seinem Tod habe Saddam begonnen, das muslimische Glaubensbekenntnis zu sprechen. Er sei aber gehängt worden, bevor er die letzte Zeile rezitieren konnte.
Saddam Hussein war wegen der Ermordung von 148 Einwohnern des Dorfes Dudschail in den 80er-Jahren zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Neben diesen Verbrechen gegen die Menschlichkeit wurden ihm zahlreiche weitere Verbrechen zur Last gelegt. Seine Herrschaft war geprägt von brutaler Unterdrückung, verheerenden Kriegen und internationalen Strafsanktionen gegen ihn. Das mit Unterstützung der USA errichte Tribunal zu seiner Verurteilung stellte er infrage, den Prozess gegen ihn vom Oktober 2005 bis Juli 2006 verspottete er als "Komödie".
Einige schiitische Muslime, die unter seiner Herrschaft gelitten hatten, tanzten nach seiner Hinrichtung auf den Straßen. Sunnitische Iraker und Regierungen in aller Welt verurteilten die Exekution jedoch - allerdings nicht Israel und der Iran. Einen Tag nach seiner Hinrichtung wurde Saddam Hussein in seinem Geburtsort bei Tikrit begraben.
Ende 2003 von US-Soldaten aufgespürt
In der Nähe von Tikrit war der Ex-Diktator in einer mondlosen Nacht Mitte Dezember 2003 von US-Soldaten aufgespürt worden. Washington hatte eine Belohnung von 25 Millionen Dollar auf Hinweise ausgesetzt, die zu seiner Festnahme führen. Nach seinem Sturz infolge der US-Invasion war Saddam acht Monate lang mit Hilfe von Leibwächtern seiner Familie untergetaucht, wie örtliche Stammesführer berichteten. Doch einer der Leibwächter verriet ihn und führte die US-Soldaten zu Saddams unterirdischem Versteck.
Nachdem er jahrzehntelang in luxuriösen Palästen gelebt hatte, wurde er auf einem Bauernhof in einem Erdloch gefunden. Es bot genug Platz für eine liegende Person und verfügte über ein Lüftungssystem. Der US-Zivilverwalter im Irak, Paul Bremer, verkündete die Festnahme mit den Worten "Ladies und Gentlemen, wir haben ihn".
Fotos und Videoaufnahmen des gefassten Ex-Diktators gingen um die Welt: Mit wildem Haarwuchs und dickem Bart schaute er mit leerem Blick in die Kamera. Als ihm ein Arzt bei einer Untersuchung einen Holzspatel in den Mund steckte, hielt er still. Die Armee veröffentlichte zwei Aufnahmen: Eines zeigte Saddam Hussein mit Bart, das andere zeigte ihn rasiert. Seinen berühmten Schnurrbart ließen ihm die US-Soldaten.
Saddams Sturz war die Geburtsstunde des IS
Zehn Jahre nach Saddams Tod steht das Land derzeit so desaströs da wie selten zuvor in seiner Geschichte. Sein Sturz war die Geburtsstunde der Terrormiliz Islamischer Staat, die noch immer größere Gebiete des Landes kontrolliert. Wo die Armee und ihre Verbündeten den IS verjagt haben, bleiben nicht nur zerbombte Orte zurück, sondern auch zerstörte Gesellschaften. Zehntausende Menschen sind seit 2003 gestorben, drei Millionen wurden vertrieben. Zwar gibt es im Irak heute Wahlen, doch trotzdem regiert die Mehrheit der Schiiten das Land gegen die Minderheit der Sunniten, von denen sich viele diskriminiert fühlen. In großen Teilen des Irak sind längst schiitische Milizen die eigentlichen Herrscher, nicht die offiziellen Sicherheitskräfte der Regierung in Bagdad.
Viele trauern dem Diktator nach
Nicht wenige im Irak sehnen sich deshalb nach den Zeiten unter Saddam zurück, wo das Leiden zwar groß war, doch viele Menschen zumindest das Gefühl hatten, in Sicherheit zu leben. "Natürlich war Saddam ein Diktator", sagt etwa der 71 Jahre alte Hassan, der in Bagdad in einem Café eine Wasserpfeife raucht. "Aber es gab Sicherheit. Heute haben wir kein Geld, keine Arbeit, sondern nur Zerstörung."
Vor allem unter den Sunniten, die das Land unter Saddam regierten, findet der einstige Diktator noch viele Anhänger. Mitglieder von Saddams Baath-Partei und Ex-Angehörige der Armee haben sich mit dem IS zusammengetan. Erst dieses Bündnis machte die militärischen Erfolge der Terrormiliz im Irak möglich. Der Mythos Saddam, den seine Anhänger heute als Märtyrer verehren, hat den Strang überlebt.
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