In Mossul gefasst
Kämpfte 16-jährige Deutsche für den IS?
Ein 16-jähriges deutsches Mädchen ist vergangenes Jahr von zu Hause weggelaufen. Jetzt wurde die junge Frau angeblich gemeinsam mit vier anderen Deutschen von irakischen Soldaten in Mossul gefangen genommen. Sie soll als IS-"Polizistin" gedient haben.
Linda W. aus Pulsnitz in der Nähe von Dresden soll vergangene Woche mit einer Gruppe anderer IS-Anhängerinnen in Mossul gefunden worden sein. W. war vor etwa einem Jahr von zu Hause weggelaufen und per Flugzeug von Frankreich in die Türkei gereist, bevor sie sich auf den Weg nach Syrien machte. Die Polizei geht davon aus, dass sie sich in einen Muslimen verliebt hat, den sie online kennengelernt hatte. Dieser soll sie davon überzeugt haben, zu ihm nach Syrien zu kommen.
25.000 Dschihadisten gestorben
Die Deutschen wurden mit rund 20 anderen IS-Anhängern verhaftet, nachdem Mossul von ihrer Schreckensherrschaft befreit worden war. Die Schlacht um Mossul hatte zehn Monate lang angedauert. 25.000 Dschihadisten wurden dabei getötet und Iraks zweitgrößte Stadt vollkommen zerstört.
Die 16-Jährige und die anderen Frauen wurden angeblich in einem Tunnelsystem gefunden, in dem sie sich versteckt haben sollen. Ein Teil von ihnen habe Sprengstoff am Körper gehabt, außerdem hätten sie automatische Waffen mitgeführt. Medienberichten zufolge arbeiteten sie für die gefürchtete IS-Polizei in Mossul.
Neben den Deutschen sollen auch Frauen aus Russland, der Türkei, Kanada, Tschetschenien, Libyen und Syrien in der Gruppe gewesen sein. Sie wurden laut Angaben der irakischen Armee während der Aufräumarbeiten festgenommen.
Als potenzielle Terroristin eingestuft
Deutsche Behörden hatten die 16-Jährige nach ihrem Verschwinden bereits als potenzielle Terroristin eingestuft. Nun überprüfen sie anhand der Fotos, ob es sich wirklich um die junge Frau handelt. Dem deutschen Außenministerium "liegen noch keine gesicherten Informationen zu den angeblich in Mossul/Bagdad inhaftierten Frauen mit deutschem Pass vor", hieß es am Dienstag.
Linda war zu Hause unglücklich gewesen und hatte sich dem Islam zugewandt. Danach begann sie bald, sich in Chatrooms mit IS-Anhängern aus dem Nahen Osten zu unterhalten. Ihre Freunde sagten der Polizei, sie habe begonnen, Arabisch zu lernen, den Koran in die Schule mitzubringen und sich konservativ zu kleiden. Vom Islam sei sie fasziniert gewesen, bevor sie verschwand.
Die 16-Jährige wurde daraufhin vom deutschen Geheimdienst observiert. Als sie verschwand, wurde befürchtet, dass sie ein Verbrechen in Deutschland begehen könnte. Sie schloss sich aber einem Ableger des IS an und wurde in den Irak geschmuggelt.
Als sie floh, erzählte Linda ihrer Mutter, sie würde sich mit Freunden treffen. Stattdessen fälschte sie Papiere, um im Namen ihrer Mutter bei der Bank Geld abzuheben. Das Geld und die gefälschten Papiere nutzte sie dann, um ein Flugticket nach Istanbul zu kaufen.
Bei Alarmierung schon in der Türkei
Als die Mutter bemerkte, dass Linda verschwunden war, war diese bereits in der Türkei untergetaucht. Im Juli des Vorjahres sagte die Mutter: "Als sie nicht von ihren Freunden zurückkam und ich bemerkte, dass sie nie dort war, habe ich die Polizei gerufen. Unter ihrer Matratze fanden sie den Ausdruck eines Flugtickets nach Istanbul."
"Ich war geschockt, meine Tochter hatte zuvor nie gestohlen oder gelogen. Ich bin am Boden zerstört, weil sie offensichtlich einer kompletten Gehirnwäsche unterzogen und überredet wurde, das Land zu verlassen, und dass sie es schaffte, ohne dass ich es bemerkte."
Die sächsische Kriminalpolizei fahndet international nach der 16-Jährigen, ihr Aufenthaltsort ist aber noch immer unbekannt. Das deutsche Außenministerium kann die Berichte noch nicht bestätigen, prüft aber sämtliche Hinweise: "Das Auswärtige Amt steht mit den irakischen Behörden in Kontakt und ist bemüht, rasch substanzielle Auskünfte zu diesen Personen zu erhalten", hieß es. "Wenn es sich tatsächlich um deutsche Staatsangehörige handeln sollte, so wird ihnen konsularischer Beistand angeboten werden."
930 Deutsche nach Syrien gereist
Dass sich auch Frauen dem IS anschließen und aus anderen Ländern in die Kampfgebiete in Syrien und im Irak reisen, ist ein bekanntes Phänomen. Nach Angaben des deutschen Innenministeriums sind seit 2012 etwa 930 Menschen aus Deutschland nach Syrien gereist, etwa ein Fünftel von ihnen waren Frauen bzw. Mädchen.
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