Bestialische Taten
Kindermörder Marcel H. (19) schweigt vor Gericht
Frisch gefönte Haare, Brille, schmächtig und blass. Grauer, fleckiger Pulli: So ist Marcel H., der grausame Kinds- und Doppelmörder von Herne, am Freitag vor dem Bochumer Landgericht erschienen. Der 19-Jährige will sich in dem Prozess gegen ihn zunächst nicht äußern. Er trete den Vorwürfen aber nicht entgegen, sagte sein Anwalt zu Beginn des Verfahrens. Der junge Mann soll im vergangenen März den neunjährigen Jaden und später einen 22 Jahre alten Bekannten mit 120 Messerstichen getötet haben.
Marcel H. ließ sich am Freitag nach Eintreten in den Gerichtssaal minutenlang fotografieren und filmen. Dabei wirkte er äußerlich völlig regungslos. Er bestand nach Angaben seines Verteidigers auch nicht darauf, dass sein Gesicht auf Fotos unkenntlich gemacht wird.
In "unangemessener Kleidung" vor Gericht erschienen
"Er betrachtet es für sich auch als Teil des Stehens zu seiner Verantwortung", sagte sein Anwalt Michael Emde. H. bitte zudem darum, seine "unangemessene Kleidung" zu entschuldigen. Der kleine und schmächtige Jugendliche, der deutlich jünger als 19 Jahre aussieht, erschien in einem grauen Pullover und einer weiten Hose vor Gericht. Aus seiner Famile habe sich niemand bereit erklärt, ihm andere Kleidung zu bringen, so der Verteidiger. Von Fotos kennt man Marcel H. nur mit kurz geschorenen Haaren. Er hat sie sich mittlerweile lang wachsen lassen.
"Wenn man diesen armseligen Jungen sieht, weiß man, warum er sich als Opfer ein kleines, wehrloses Kind gesucht hat", sagte die Mutter des erst neun Jahre alten Opfers Jaden in einer Pause am ersten Prozesstag gegenüber der "Bild"-Zeitung. "Es war härter als ich gedacht habe. Er hat mich drei- bis viermal mal angeschaut, sonst nur verstört runter oder zur Seite geblickt. Er wird merken, dass ich ihm mit dem Anstarren nichts Gutes wünsche", so die 41-Jährige, die für ihren Buben "stark" sein will. "Ich will mir nichts anmerken lassen, damit er nicht noch Genugtuung spürt."
Fall sorgte europaweit für Entsetzen
Der Angeklagte hatte sich nach einer tagelangen Fahndung selbst gestellt und in ersten Vernehmungen die Taten gestanden. Der Fall sorgte europaweit auch für Entsetzen, weil sich H. nach dem Tod des neun Jahre alten Jaden im Kurzmitteilungsdienst WhatsApp und dem Internet-Forum 4Chan mit der Tat brüstete. Vor Gericht will er sich nun aber vorerst weder zu seinem Lebensweg noch zu den Tatvorwürfen äußern, wie sein Verteidiger ankündigte.
Marcel H. soll laut Anklage zunächst den neunjährigen Nachbarsbuben unter dem Vorwand ins Haus gelockt haben, er brauche seine Hilfe beim Aufstellen einer Leiter. Dort habe er dann mit einem Klappmesser 52-mal auf das Kind eingestochen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, dabei aus Mordlust gehandelt zu haben.
Bekanntem wurde Hilfsbereitschaft zum Verhängnis
Danach soll er Unterschlupf bei einem Bekannten gesucht haben. Diesen habe er gefragt, ob er ein paar Tage bei ihm wohnen könne, weil seine Eltern weggezogen seien, sagte Staatsanwalt Danyal Maibaum. Am nächsten Tag habe der 22-jährige Bekannte gemerkt, dass nach Marcel H. gefahndet werde, und mit der Polizei gedroht.
Daraufhin habe der Angeklagte auch diesen erstochen. Der junge Mann verblutete nach 68 Messerstichen. Zwei Tage später soll Marcel H. zudem dessen Wohnung in Brand gesetzt haben, um Beweismaterial zu vernichten. Er muss sich deshalb auch wegen schwerer Brandstiftung vor Gericht verantworten.
Der Prozess findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt. Bereits in der Früh bildete sich vor dem Gerichtsgebäude eine lange Schlange von Menschen, die als Zuschauer in den Gerichtssaal wollten. Viele von ihnen fanden keinen Platz. Für den Prozess sind vorerst zehn weitere Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt.
Vor dem Landgericht Bochum wird eine entscheidende Frage sein, welche geistige Reife Marcel H. besitzt. Danach wird zu beurteilen sein, ob Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht angewendet wird.
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