Anti-Soros-Kampagne
Plakate “wie in dunkelsten Stunden Europas”
Eine landesweite Plakat- und Fernsehkampagne gegen den Milliardär George Soros, die die ungarische Regierungspartei Fidesz vergangene Woche gestartet hat, sorgt in der jüdischen Gemeinde für Aufregung. Auf dem Bild eines lachenden George Soros prangt der Slogan: "Lassen wir nicht zu, dass am Ende Soros lacht!" Die Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban macht den Milliardär für die Migrationsbewegungen nach Europa mitverantwortlich. Soros-Sprecher Michael Vachon erklärte am Dienstag, die Plakate erinnerten "an die dunkelsten Stunden Europas".
Tatsächlich unterstützt der US-ungarische Doppelstaatsbürger Soros über seine Open Society Foundation zahlreiche Flüchtlingshilfsorganisationen in Ungarn und weltweit. Dass dabei gezielt mit Schlepperbanden zusammengearbeitet werde, bleibt aber eine Behauptung, die bisher nicht nachgewiesen werden konnte.
Soros-Plakate sind omnipräsent
Dennoch reitet die rechtskonservative Regierung Orbans diese Attacken. Tausende Anti-Soros-Plakate wurden im ganzen Land aufgehängt, so etwa auf Reklametafeln, in der U-Bahn oder auch auf den Böden der Budapester Straßenbahnen, sodass die Menschen diese nicht betreten können, ohne auf Soros' Gesicht zu trampeln. Bisher habe die Regierung mehr als 20 Millionen Dollar (rund 17,6 Millionen Euro) für die Kampagne ausgegeben, so Vachon.
Wegen seinem "eindeutig antisemitischen Beiklang" hat die Kampagne eine Protestwelle unter anderem unter Ungarns Juden ausgelöst. Sowohl der Vorsitzende der Föderation der ungarischen jüdischen Gemeinschaften als auch der israelische Botschafter in Budapest haben eine sofortige Entfernung der Plakate verlangt. Die Fidesz weist die Vorwürfe, dass die Kampagne antisemitischer Natur sei, zurück und behauptet, das Ziel der ungarischen Regierung sei es, Soros' "Migrationskampagne" zu stoppen.
Soros-Sprecher: "Bewusst falsche Darstellung"
"Die Regierung hat stets bewusst Soros' Ansichten über Migration und Flüchtlinge falsch dargestellt. Als Holocaust-Überlebender, der sich vor den Nazis in Budapest versteckte und später selbst Flüchtling war, weiß Soros aus eigener Erfahrung, was es heißt, in Lebensgefahr zu sein", betonte Vachon.
Der 86-jährige Soros ist Investor ungarisch-jüdischer Herkunft. Zuletzt erregte die beabsichtigte Einführung eines neuen ungarischen Gesetzes Aufmerksamkeit, das die Schließung seiner Privatuniversität Central European University (CEU) in Budapest zur Folge hätte.
Israel: "Soros untergräbt demokratische Regierungen"
Auch in Israel sorgt die ungarische Plakatkampagne für gehörigen Wirbel. Nach dem Protest des israelischen Botschafters in Budapest relativierte bzw. präzisierte die Regierung von Premier Benjamin Netanyahu, der am 18. Juli nach Ungarn fliegen wird, um als erster israelischer Regierungschef seit 30 Jahren seinen ungarischen Amtskollegen zu treffen, ihren Standpunkt. Man äußerte zwar Bedenken gegenüber antisemitischen Anspielungen, allerdings wollte man Soros auch nicht in Schutz nehmen. Der Milliardär und selbst ernannte Philanthrop "untergräbt kontinuierlich Israels demokratisch gewählte Regierungen, indem er Organisationen finanziert, die den jüdischen Staat verleumden", teilte das Außenministerium in Jerusalem mit.
Laut Medienberichten erhielt unter anderem Breaking the Silence (Das Schweigen brechen) in der Vergangenheit Unterstützung durch Soros. Die Organisation kritisiert die Besatzungspolitik Israels in den Palästinensergebieten. Ihre Mitglieder werden in Israel immer wieder als Verräter gebrandmarkt.
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