Die Wirtschaftskrise in Russland hat weitaus schlimmere Konsequenzen für die Länder der Europäischen Union und die Schweiz als bislang erwartet. Eine Studie des Wifo zeigt, dass europaweit nicht nur weit mehr als zwei Millionen Arbeitsplätze in Gefahr sind, auch rund 100 Milliarden Euro an Wertschöpfung würden der europäischen Wirtschaft fehlen, wenn der Rubel seine Talfahrt weiterführt.
Die Wissenschaftler gehen in ihrer Studie zwar von einem "Worst-Case-Szenario" aus, allerdings sieht es nicht danach aus, als würde sich die Situation mittelfristig bessern. Die europäischen Außenminister wollen am Montag in Brüssel über die Fortsetzung der Sanktionen gegen Russland auf Grund des Ukraine-Konflikts entscheiden. Bereits auf dem G7-Gipfel in Elmau hatten sich die Regierungschefs darauf verständigt, so lange an den Sanktionen festzuhalten, bis das zweite Waffenstillstandsabkommen von Minsk im Februar dieses Jahres umgesetzt ist.
Moskau hält an Agrarembargo fest
Für die europäische Wirtschaft könnte das verheerende Folgen haben: "Die Exportausfälle, die wir im Herbst vergangenen Jahres schlimmstenfalls angenommen hatten, sind inzwischen Realität", sagt Oliver Fritz, einer von drei Autoren der Studie. Dabei spielen die Sanktionen gegen Russland und die russische Reaktion darauf eine entscheidende Rolle. Moskau will an seinem Agrarembargo weiter festhalten.
"Verändert sich die Lage nicht grundsätzlich, wird voraussichtlich unser besonders pessimistisches Szenario eintreten." Der Effekt könnte lediglich dadurch abgemildert werden, dass die Unternehmen mehr in andere Länder exportieren. Dafür gebe es zumindest bei landwirtschaftlichen Produkten Anzeichen. Dennoch stehen in der Landwirtschaft europaweit rund 265.000 Jobs auf dem Spiel.
EU-Kommission: "Auswirkungen handhabbar"
Die EU-Kommission widerspricht dieser Einschätzung der österreichischen Ökonomen, berichtet die "Welt Online". Laut dem neuesten vertraulichen Sanktionsbericht, der in Diplomatenkreisen kursiert, kommt die Kommission zu dem Ergebnis, dass Auswirkungen der Handelsbeschränkungen für die europäische Wirtschaft "relativ klein und handhabbar" seien. Zumal Unternehmen einen Teil der Waren nun in andere Länder verkaufen, etwa auch im Agrarsektor, heißt es aus Brüssel.
Die Kommission zeigte sich Ende Mai sogar zuversichtlich, dass die bestehenden negativen Auswirkungen der Handelsbeschränkungen sich nun wieder verringern würden. Allerdings nimmt die Kommission eine kurzfristige Betrachtung vor. Dem Szenario der Wifo-Ökonomen liegt hingegen die Annahme zugrunde, dass sich die schlechte Situation aus dem ersten Quartal 2015 fortsetzen wird.
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