Leichter einbürgern?
Schweizer Volkspartei wirbt mit Anti-Islam-Plakat
Am Sonntag wird in der Schweiz wieder einmal abgestimmt: Gefragt werden die Eidgenossen danach, ob sie für oder gegen leichtere Einbürgerungen für Ausländer der dritten Generation sind. Umfragen zufolge hat die Vorlage gute Chancen, angenommen zu werden. Bloß die nationalkonservative Volkspartei (SVP) stellt sich dagegen und wirbt mit Anti-Islam-Plakaten für "Nein"-Stimmen.
Seit rund einem Monat überziehen die Plakate die großen Bahnhöfe der Schweiz. Darauf zu sehen ist eine Burkaträgerin mit der Warnung vor "unkontrollierter Einbürgerung". Bereits Anfang Jänner hatte außerdem SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann betont: "Hier geboren und einfach fünf Jahre zur Schule gegangen zu sein und eine Niederlassungsbewilligung zu haben, ist noch nichts. Schläfer und Salafisten könnten ebenso unbesehen erleichtert eingebürgert werden", warnte die Abgeordnete.
Profitieren sollen von einem möglichen "Ja" in der Schweiz geborene Ausländer, die jünger sind als 25 Jahre, mindestens fünf Jahre in der Schweiz in die Schule gegangen sind und eine Niederlassungsbewilligung haben. Außerdem muss bereits ein Großelternteil zumindest das Aufenthaltsrecht besessen haben.
Sechs von zehn Kandidaten sind Italiener
Es geht eigentlich gar nicht um jene Migranten, die in den vergangenen Jahren ins Land gekommen sind. Dies sind vor allem Italiener (60 Prozent) und andere Europäer. Mit einer Burkaträgerin auf dem Plakat hat die SVP streng genommen also das Thema verfehlt. Dem SVP-Juristen Jean-Luc Addor zufolge gehe es aber ohnehin vielmehr um jene Migranten, die zuletzt in die Schweiz gekommen sind und in zwei bis drei Generationen eingebürgert werden könnten. "Und das sind Menschen aus Afghanistan, Syrien und Afrika", so Addor.
Befürworter der rascheren Einbürgerungen sprechen hingegen von einer "Attacke auf Muslime". Und ein Werbestratege vermutet: "Angst ist leichter zu vermitteln als Hoffnung und Pluralismus."
25.000 Menschen hoffen auf ihre Einbürgerungen
Insgesamt erfüllen rund 25.000 Menschen die für eine Einbürgerung erforderlichen Anforderungen, sagt die sozialdemokratische Justizministerin Simonetta Sommaruga. Ihnen winkt die Einbürgerung ohne Befragung und für weniger Geld als auf dem ordentlichen Weg über die Gemeinden.
"Schweizer Swing States" als Zünglein an der Waage
Neben der Mehrheit der Stimmen braucht es auch das sogenannte Ständemehr: Auch in der Mehrheit der Kantone müssen die Pro-Stimmen überwiegen. Und hier könnte es knapp werden. Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern spricht von einer Art "Schweizer Swing States", die das Zünglein an der Waage spielen könnten.
Die meisten europäischen Länder sind bei der Einbürgerung von Ausländern der zweiten und dritten Generation weniger streng als die Schweiz. Auch Österreich ist in diesem Punkt weniger restriktiv.
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