Libyen-Konzept

So will die EU die Mittelmeerroute schließen

Ausland
03.02.2017 10:36

Ausgerechnet Libyen: Wenn die EU die Migration im zentralen Mittelmeer stoppen will, muss sie mit dem nordafrikanischen Land zusammenarbeiten. Doch dort flammt immer wieder Gewalt auf, Migranten leben im Elend. Am Freitag beschäftigen sich die europäischen Staats- und Regierungschefs beim EU-Gipfel auf Malta mit der festgefahrenen Lage. Mittlerweile sind erste Details durchgesickert, wie die EU die Mittelmeerroute dicht machen und so den Migrantenstrom unterbinden will. Wirklich ausgereift erscheint das Konzept allerdings nicht.

Seit der Weg über den Balkan versperrt ist und die EU ihren Pakt mit der Türkei geschlossen hat, kommen deutlich weniger Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland Syrien. Damit rückt für die EU das zentrale Mittelmeer in den Fokus. Rund 180.000 Migranten sind im vergangenen Jahr von dort nach Italien gekommen, die meisten von ihnen fuhren aus Libyen ab. Tausende starben bei dem Versuch, das Mittelmeer zu überqueren, auf See.

Zudem sind die Chancen der zumeist afrikanischstämmigen Migranten auf Asyl deutlich schlechter als die syrischer Bürgerkriegsflüchtlinge. Sie stammen vor allem aus Staaten südlich der Sahara. Die größte Gruppe unter ihnen stellten im vergangenen Jahr Nigerianer (21 Prozent) und Eritreer (elf Prozent). Eritreer haben sehr gute Chancen auf Asyl in Europa, bei Migranten aus Guinea, Elfenbeinküste, Gambia, Senegal, Mali und Sudan variiert die Anerkennungsquote.

(Bild: thinkstockphotos.de)

Libyen nicht als "sicheres Drittland" einstufbar
Die EU will generell die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern von Migranten verbessern, denn dass es mit Libyen einen ähnlichen Deal wie mit der Türkei geben könnte, ist eher unwahrscheinlich. Zu instabil ist die politische Lage seit dem Sturz und Tod von Machthaber Muammar al-Gadafi. Zwar arbeitet Brüssel derzeit mit einer von den Vereinten Nationen anerkannten Einheitsregierung zusammen und bildet mit dieser gemeinsam Küstenschützer aus. Die Regierung in Tripolis sieht sich allerdings immer wieder mit Putschversuchen und Widersachern konfrontiert.

Daher kann die EU Libyen auch nicht als "sicheres Drittland" einstufen, in das man Flüchtlinge zurückschicken kann. Und wenn Schleuser die Menschen erst in internationale Gewässer gebracht haben, können die Boote der EU-Marineoperation Sophia sie auch nicht einfach zurückschicken - die Besatzungen bringen die Geretteten dann nach Europa.

(Bild: AFP)

Küstenwache soll "Schutzlinie" bilden
Daher soll die libysche Küstenwache, geht es nach dem Konzept des maltesischen EU-Ratsvorsitzes, eine "Schutzlinie" in den libyschen Hoheitsgewässern nahe der Küste bilden. Der Plan: Unterstützt von Ländern wie Italien und Malta sollen libysche Grenz- und Küstenschützer die Schleuserboote nahe der Küste abfangen und die Flüchtlinge wieder zurück nach Afrika bringen. Ihr eigentliches Ziel, Italien, sollen sie so nicht mehr erreichen können. Für die libysche Küstenwache gibt es keine rechtlichen Probleme, Boote nahe der Küste zu stoppen und zurück ans Ufer zu bringen.

(Bild: APA/AFP/MAHMUD TURKIA)

Eine Errichtung von Flüchtlingslagern in Libyen ist seit Längerem immer wieder Thema. In einem Entwurf für die Abschlusserklärung des EU-Gipfels in Malta wird der Aufbau von "angemessenen" Aufnahmeeinrichtungen in Libyen als eine der Prioritäten genannt. Das muss aber nicht bedeuten, dass die EU Migranten dorthin zurückbringt. Stattdessen könnten sich dort auch Menschen melden, die in Libyen sind - oder die ausgebaute libysche Küstenwache könnte eines Tages Migranten dorthin bringen, die sie aus dem Wasser gefischt hat.

Italien und Libyen unterzeichneten Abkommen
Als erster Schritt wurde am Freitagvormittag auf Malta ein Abkommen zwischen Italien und Libyen unterzeichnet. Demnach sollen die libysche Küstenwache und der Grenzschutz im Kampf gegen illegale Einwanderung unterstützt werden, sagte der italienische Premier Paolo Gentiloni nach einem Treffen mit dem Ministerpräsidenten der libyschen Einheitsregierung, Fayez al-Sarraj.

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