Kinder unter Toten
Syrien: Dutzende zivile Opfer bei Giftgas-Angriff
Bei einem Giftgas-Angriff in Syrien sind am Dienstag mindestens 58 Zivilisten getötet worden. Das Gas sei bei einem Luftangriff auf die Stadt Khan Sheikhoun in der nordwestlichen Provinz Idlib freigesetzt worden, berichtete die oppositionsnahe Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. Unter den Opfern seien elf Kinder. Später wurde auch das Krankenhaus, in dem die Verletzten behandelt wurden, unter Beschuss genommen.
Die Opfer des Angriffs seien qualvoll erstickt, teilte die Beobachtungsstelle mit. Der Chef der Gesundheitsbehörde von Idlib, Mounzer Khalil, sagte, es habe mehr als 50 Tote sowie rund 300 Verletzte gegeben, die typische Symptome von Giftgas-Opfern wie Atemnot, Ohnmachtsanfälle, Übelkeit und Schaum vor dem Mund zeigten. Bei dem Gas habe es sich vermutlich um Sarin- und Chlorgas gehandelt. Laut Augenzeugen haben Flugzeuge der syrischen Luftwaffe den Angriff geflogen, der Beobachtungsstelle zufolge ist unklar, ob er von syrischen oder russischen Kampfjets erfolgte.
Auch Krankenhaus beschossen
Auch das Krankenhaus, in dem die Opfer behandelt wurden, geriet unter Beschuss. Wie ein AFP-Reporter berichtete, schlug eine Rakete am Eingang der Klinik ein und zerstörte Teile des Gebäudes. Im Inneren kämpften Ärzte zu diesem Zeitpunkt um das Überleben zahlreicher Menschen. Ob es durch den Raketenbeschuss weitere Verletzte oder Tote gab, ist unklar.
Mogherini macht Assad verantwortlich, Moskau bestreitet Beteiligung
Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini bezeichnete die Nachricht über den Giftgas-Angriff in Khan Sheikhoun als "entsetzlich". Die "vorrangige Verantwortung" für die Tat "liegt offensichtlich beim Regime von Machthaber Bashar al-Assad", weil dieses die Verantwortung habe, "sein Volk zu schützen und nicht anzugreifen", sagte sie in Brüssel. Zugleich wies Assads Verbündeter Russland, das die syrische Regierung militärisch im Kampf gegen die Aufständischen unterstützt, jegliche Mitverantwortung für den Angriff zurück. In der betroffenen Region habe die russische Luftwaffe keinerlei Bombenangriffe geflogen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Bereits mehrfach Giftgas-Angriffe
In Syrien haben sowohl die Regierung als auch die Terrormiliz Islamischer Staat bereits Giftgas eingesetzt, wie eine Untersuchungskommission der UNO in einem Bericht festhielt. Neue Sanktionen gegen das Regime wegen der Verwendung von Giftgas scheiterten Ende Februar im UN-Sicherheitsrat am Veto Russlands und Chinas.
Terrorgruppen von brüchiger Waffenruhe ausgenommen
Eigentlich gilt im Bürgerkriegsland Syrien seit Ende des vergangenen Jahres eine von Russland und der Türkei ausgehandelte Waffenruhe, diese ist jedoch brüchig. Ausgenommen von der Waffenruhe sind der IS und die Al-Kaida-nahe Organisation Tahrir al-Sham, die besonders in der von der nunmehrigen Giftgas-Attacke betroffenen Provinz Idlib stark ist.
Nächster diplomatischer Anlauf für Ende des Blutvergießens
Unterdessen trifft Mogherini am Dienstag in Brüssel mit dem Syrien-Beauftragten der UNO, Staffan de Mistura, zusammen, der die Friedensgespräche in Genf leitet. Dabei soll die Haltung der EU und der UNO zur Beilegung des Konflikts abgestimmt werden. Zudem beraten Vertreter von EU, UNO und Hilfsorganisationen über wirksamere Hilfe für Bürgerkriegsflüchtlinge in Syrien und den Nachbarländern. Ziel ist die Umsetzung der Hilfszusagen der Londoner Geberkonferenz aus dem vergangenen Jahr, bei der die internationale Gemeinschaft rund zehn Milliarden Euro für die Syrien-Hilfe zugesagt hatte.
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