Nerven liegen blank
Türkei: Mehrere Tote bei Tumulten vor Wahllokal
Bei einem Tumult während des Schicksalsreferendums in der Türkei sind in der mehrheitlich kurdischen Provinz Diyarbakir zwei Menschen getötet worden. Die Nachrichtenagentur DHA meldete zudem einen Verletzten. Sonntagfrüh sei es vor einem Wahllokal zu einem Streit gekommen, bei dem die Beteiligten mit Messern und Schusswaffen aufeinander losgegangen seien.
Bei dem Zusammenstoß vor dem Wahllokal wurden drei Menschen verletzt. Zwei von ihnen seien auf dem Weg ins Krankenhaus gestorben, berichtete DHA. Ein Verdächtiger sei festgenommen worden. Nähere Hintergründe zu dem Zusammenstoß sind noch nicht bekannt.
In dem historischen Referendum entscheiden die Türken über die Einführung des von Staatschef Recep Tayyip Erdogan angestrebten Präsidialsystems. 55,3 Millionen Wahlberechtigte waren in der Türkei zur Teilnahme an der Volksabstimmung aufgerufen, im Ausland waren zusätzlich 2,9 Millionen Türken zur Wahl zugelassen. Mit einem Ergebnis wird im Laufe des Sonntagabends gerechnet, Umfragen sagten ein knappes Rennen voraus.
"Dieses Referendum ist keine gewöhnliche Abstimmung", sagte Erdogan bei der Stimmabgabe in seiner Heimatstadt Istanbul. "Die Volksabstimmung ist eine Entscheidung über ein neues Regierungssystem, eine Verwandlung der Republik Türkei." Anhänger Erdogans skandierten im Wahllokal seinen Namen.
Premier: "Wir respektieren das Ergebnis"
Ministerpräsident Binali Yildirim sagte in der westtürkischen Küstenmetropole Izmir: "Egal wie das Ergebnis ausgeht, wir respektieren es. Die Entscheidung, die unser Volk trifft, ist die schönste Entscheidung." Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu von der kemalistischen CHP sagte in Ankara: "Wir stimmen heute über das Schicksal der Türkei ab."
Erdogan hatte am letzten Wahlkampftag für den Fall seines Sieges beim Referendum die Wiedereinführung der Todesstrafe in Aussicht gestellt. "Die Entscheidung morgen wird den Weg dafür öffnen", sagte Erdogan am Samstag vor jubelnden Anhängern, die in Sprechchören die Todesstrafe forderten.
Wahlbeobachter durch Polizei behindert
Das Präsidialsystem würde Erdogan deutlich mehr Macht verleihen. Die Opposition warnt vor einer Ein-Mann-Herrschaft. Die prokurdische HDP kritisierte am Sonntag, Wahlbeobachter der Opposition würden durch die Polizei in ihrer Arbeit behindert. Der HDP-Abgeordnete Ziya Pir sagte der Deutschen Presse-Agentur per Telefon aus einem Wahllokal in der Kurdenmetropole Diyarbakir, Polizisten führten Wahlbeobachter seiner Partei und der größten Oppositionspartei CHP ab.
Die Nein-Kampagne, die CHP, HDP sowie zivilgesellschaftliche Initiativen und Teile der Nationalisten vereinte, war deutlich weniger sichtbar als Erdogans AKP. Ihre Vertreter beklagten Einschränkungen und Benachteiligung in den Medien. Auch die Wahlbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierten, dass keine fairen Bedingungen im Wahlkampf geherrscht hätten.
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