Vertrauenskrise
USA bringen Atomwaffen vor Erdogan in Sicherheit
Der gescheiterte Militärpusch in der Türkei erhöht offenbar die Sorgen um die Sicherheit von rund 50 auf dem türkischen Luftwaffenstützpunkt Incirlik stationierten US-Atomwaffen. Wie das Natrichtenportal "EurActiv" am Donnerstag mitteilte, wollen die USA ihre Atomwaffen auf dem Territorium der Türkei schnellstmöglich abziehen und heimlich nach Rumänien verlegen. Laut "EurActiv" habe die US-Regierung "aufgehört, den Behörden der Türkei zu vertrauen, und muss nun ernsthafte Entscheidungen zum Abzug der taktischen Kernwaffen treffen".
Die unweit der Grenze zu Syrien gelagerten Waffen könnten in die Hände von "Terroristen oder anderen feindlichen Kräften" gelangen, heißt es im Bericht von "EurActiv" weiter. Deshalb sollen die Waffen nun in den NATO-Mitgliedsstaat Rumänien gebracht werden - offenbar genießt Bukarest mehr Vertrauen in Washington als Ankara. In Rumänien war zudem unlängst nahe der Ortschaft Deveselu ein US-Raketenabwehrstützpunkt als Element des neuen NATO-Raketenschutzschirmes für Osteuropa in Dienst gestellt worden.
Die in Incirlik gelagerten Atomwaffen dienen vor allem der Abschreckung Russlands und als Zeichen des US-Engagements innerhalb der NATO, deren Mitglied auch die Türkei ist. Rumänien war im Kalten Krieg ein Bündnispartner der ehemaligen Sowjetunion. Dennoch wurden in dieser Zeit dort nie Atomwaffen gelagert. Dass nun US-amerikanische Nuklearraketen so nahe an Russlands Grenzen positioniert werden, könnte zu neuen Spannungen zwischen Washington und Moskau führen - man erinnere sich nur an den drohenden Atomkrieg, als Russland 1961 Nuklearwaffen auf Kuba stationierte.
Über die aktuelle Sicherheit des US-Atomwaffenarsenals in der Türkei, das nur 110 Kilometer von Syrien entfernt lagert, wird seit Langem diskutiert. Der Putschversuch in der Türkei vom 15. Juli hat die Debatte erneut befeuert, zumal der türkische Präsident Recept Tayyip Erdogan Incirlik als möglichen Ausgangspunkt des versuchten Staatsumsturzes bezeichnet.
Bombermaschinen der USA:
So funktioniert eine Cruise Missile:
Türkei blockierte Incirlik nach Putschversuch kurzzeitig
Deshalb wurden dort auf Anordnung der türkischen Führung auch US-Militärangehörige nach dem gescheiterten Putschversuch eine gewisse Zeit lang blockiert und der Militärflugplatz samt seiner Infrastruktur zugleich von der Stromversorgung abgeschnitten. Diese Blockade sei dann zwar wieder aufgehoben worden, aber es sei eben "ein bitterer Beigeschmack" zurückgeblieben, so "EurActiv". "Es ist völlig unklar, ob die USA im Falle eines längeren Bürgerkriegs in der Türkei die Kontrolle über die Waffen behalten hätten können", heißt es in dem "EurActiv"-Bericht, in dem es um die geplante Modernisierung des Atomprogramms des US-Verteidigungsministeriums geht.
Wegen ihrer Nähe zum Irak und zu Syrien ist die Luftwaffenbasis Incirlik von großer strategischer Bedeutung im Kampf der US-geführten Koalition gegen die IS-Terrormiliz. Allerdings hatte das US-Verteidigungsministerium im März angeordnet, die Angehörigen der dort stationierten Soldaten sowie zivile Angestellte aus Sicherheitsgründen auszufliegen.
Nach dem Putschversuch war der türkische Kommandant der Luftwaffenbasis festgenommen worden, weil ihm wie Hunderten anderen Generälen, Richtern und Anwälten vorgeworfen wurde, die Putschisten unterstützt zu haben.
"Atomwaffen in Incirlik zu lagern ist russisches Roulette"
Rund 50 Atomwaffen in Incirlik zu lagern sei "russisches Roulette", sagte Laicie Heeley von der US-Denkfabrik Stimson Center. Zwar gebe es erhebliche Sicherheitsmaßnahmen, doch könnten diese das Risiko "nicht eliminieren". "Im Falle eines Staatsstreichs kann man nicht mit Sicherheit sagen, dass wir die Kontrolle wahren können", so Heeley.
US-Vizepräsident besucht Türkei am 24. August
Die Beziehungen zwischen der Türkei und den USA sind seit dem gescheiterten Militärputsch frostig. Ankara glaubt, die US-Regierung unterstütze den in Pennsylvania lebenden Exil-Prediger Fethullah Gülen. Ihm wird vorgeworfen, den Putschversuch angezettelt zu haben. Die türkische Regierung fordert daher seine Auslieferung. Beim kommenden Türkei-Besuch des US-Vizepräsidenten Joe Biden am 24. August wird dieses Thema womöglich viel Raum einnehmen.
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