Streit eskaliert
“Vorsicht”: Niederlande warnen Türkei-Reisende
Der Streit zwischen der Türkei und den Niederlanden spitzt sich weiter zu: Das Außenministerium in Den Haag hat am Montag die offiziellen Warnhinweise für Türkei-Reisende verschärft. In der Türkei lebende Niederländer werden zur "Vorsicht" aufgerufen. Ankara wiederum hat den niederländischen Botschafter den dritten Tag in Folge einbestellt und fordert eine schriftliche Entschuldigung der Niederlande für die Auftrittsverbote türkischer Politiker.
Das Außenministerium in Den Haag warnt niederländische Touristen davor, in der Türkei größere Menschenansammlungen sowie volle Plätze aufzusuchen. Von Reisen in die Türkei wird aber nicht generell abgeraten.
Ankara rief niederländischen Botschafter zum Rapport
Ankara wiederum hat erneut den Botschafter der Niederlande einbestellt. Dem Diplomaten Daan Feddo Huisinga seien zwei Protestnoten für die niederländische Regierung überreicht worden, hieß es. Darin protestiert die Türkei gegen die "Behandlung türkischer Minister und Bürger in den Niederlanden" und fordert eine "offizielle schriftliche Entschuldigung der niederländischen Behörden". Das Vorgehen der Niederlande widerspreche den Regeln des diplomatischen Anstands.
Kritik an "unverhältnismäßigem" Vorgehen der Polizei
In der zweiten Protestnote kritisiert Ankara das Vorgehen der niederländischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten vor dem türkischen Konsulat in Rotterdam. Die Behandlung der Demonstranten, die ihr "Recht auf eine friedliche Zusammenkunft" genutzt hätten, sei "unverhältnismäßig" gewesen. Die Demonstration war am Sonntag von der Polizei mit Wasserwerfern und Hundestaffeln aufgelöst worden.
Video: Wasserwerfer, Festnahmen - Krawalle in den Niederlanden
Unruhen und Verhaftungen in Amsterdam
Nach den Krawallen in Rotterdam kam es am Sonntag auch in Amsterdam zu Unruhen, die Polizei nahm sechs Demonstranten fest. Hunderte türkischstämmige Niederländer hatten zunächst friedlich dagegen protestiert, dass Wahlkampfauftritte türkischer Minister in den Niederlanden verhindert worden waren. Gegen 23 Uhr hätten sich dann rund 250 Demonstranten auf einem Platz im Westen der Stadt versammelt und dort randaliert, hieß es seitens der Behörden. Einige Demonstranten hätten die Polizei mit Steinen beworfen. Daraufhin habe die Polizei mit Wasserwerfern und Schlagstöcken eingegriffen.
Kein Ende der Proteste auch in der Türkei
Auch in der Türkei gehen die Proteste weiter: In Istanbul war es am Sonntag einem Demonstranten trotz einer seit Samstagabend bestehenden Sperrzone gelungen, auf das Dach des niederländischen Konsulats zu klettern und die Landesflagge gegen die türkische zu tauschen .
Türkische Familienministerin ausgewiesen
In den Niederlanden war am Wochenende der Streit um Wahlkampfauftritte türkischer Politiker eskaliert. Die Behörden verweigerten zunächst dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu die Einreise mit dem Flugzeug und wiesen danach auch die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya auf dem Landweg Richtung Deutschland aus. Die niederländische Regierung hatte zuvor Auftritte beider Minister für unerwünscht erklärt.
Premier Rutte schließt Entschuldigung dezidiert aus
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte schloss eine Entschuldigung dezidiert aus. "Es steht außer Frage, dass es eine Entschuldigung gibt: Sie sollten sich dafür entschuldigen, was Sie gestern getan haben", wandte sich Rutte am Sonntag am Rande einer Wahlkampfveranstaltung in Den Haag an die Adresse der beiden türkischen Minister.
Erdogans "Nazi"- und "Faschisten"-Sager "inakzeptabel"
Zugleich wies Rutte die Vorwürfe des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zurück, der die Niederländer als "Nachfahren der Nazis" und "Faschisten" bezeichnet hatte. Dazu sagte Rutte: "Dieses Land ist, wie der Bürgermeister von Rotterdam betont hat, im Zweiten Weltkrieg von den Nazis bombardiert worden." Erdogans Wortwahl sei daher "inakzeptabel". An die Niederländer appellierte der Premier, angesichts der aufgeheizten Stimmung "einen kühlen Kopf zu bewahren": "Wir haben eine hervorragende Gesellschaft, in der ein Großteil der Niederländer mit türkischen Wurzeln integriert ist."
Im Interesse der "Beziehungen innerhalb der EU mit der Türkei" sei es nun wichtig, "die Lage zu beruhigen", so Rutte. Falls die Türkei aber weiterhin "in aufrührerischer Weise über die Niederlande spricht, müssen wir weitere Schritte in Erwägung ziehen", warnte er. In den Niederlanden leben rund 400.000 türkischstämmige Menschen.
Dänemark lädt türkischen Ministerpräsidenten aus
Unterdessen hat die dänische Regierung den für den 20. März geplanten Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Binali Yildirim abgesagt. Ein solcher Besuch könne angesichts der "aktuellen Angriffe der Türkei gegen die Niederlande nicht stattfinden", erklärte der dänische Ministerpräsident Lars Lökke Rasmussen am Sonntag. Er habe seinem türkischen Kollegen vorgeschlagen, "unser Treffen zu verschieben".
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