Fund im Fall Peggy
War NSU-Terrorzelle Teil eines Pädophilenrings?
Der Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Extremisten Uwe Böhnhardt nahe der Leiche der vor 15 Jahren in Bayern verschwundenen Peggy K. hat Behörden und Politiker alarmiert. Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere warnt zwar vor voreiligen Schlüssen, da die neuen Ermittlungen noch "in einem sehr frühen Stadium" seien. Doch nun erlangen Hinweise auf Kindesmissbrauch durch Mitglieder des Nationalsozialistischen Untergrunds eine neue Bedeutung.
Wird ein Stück Stoff sowohl im Fall Peggy als auch im Strafprozess gegen Beate Zschäpe, die einzige Überlebende des Neonazi-Trios, eine Wende herbeiführen? Die mit dem Mordfall Peggy befasste Staatsanwaltschaft und Polizei in Bayreuth haben am Donnerstagabend mitgeteilt, dass Böhnhardts DNA auf einem der "zahlreichen Spurenträger" nachgewiesen worden sei, die im Rahmen der Ermittlungen im Umfeld der im Juli diesen Jahres in Nordthüringen entdeckte Leiche Peggys gesichert worden waren. Wo diese Spur entstand und wie sie dort hinkam, sei bisher unklar.
Es besteht aber grundsätzlich auch die Möglichkeit, dass es "an irgendeiner Stelle zu einer Kontamination" gekommen sei, meinte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann am Freitag gegenüber dem Nachrichtensender n-tv. Schließlich sei die Thüringer Polizei auch jene Behörde gewesen, die mit dem Leichnam Böhnhardts im Jahr 2011 befasst war. Böhnhardt und sein Komplize Uwe Mundlos hielten sich nach einem Banküberfall im November 2011 in ihrem Wohnwagen versteckt, als eine Polizeistreife auf sie aufmerksam wurde. Mit der ausweglosen Situation konfrontiert beschloss Mundlos, zunächst Böhnhardt und anschließend sich zu erschießen. Gleichzeitig wurde auch Feuer im Wohnmobil gelegt. Nur Zschäpe wurde gefasst. Sie steht derzeit in München vor Gericht.
Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses des thüringischen Landtags zeigten sich nach eigenen Angaben wenig überrascht von möglichen Verbindungen zwischen dem NSU und dem Fall Peggy oder Kindesmissbrauch im Allgemeinen. Die Politiker gehen eher nicht von einer Kontamination der Spurenträger aus. Es gebe nämlich Informationen, dass nahe dem Fundort von Peggys Leiche eine Waldhütte existiere, in der sich ein Mann aus dem NSU-Umfeld aufgehalten habe, sagte die Vorsitzende Dorothea Marx im Südwestrundfunk.
Urteile wegen Kindesmissbrauchs gegen Neonazi-Freunde
Sie erinnerte auch daran, dass schon Menschen aus dem näheren NSU-Umfeld wie der Neonazi Tino Brandt wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen verurteilt wurden und dass im Wohnmobil, im dem sich Böhnhardt und Mundlos selbst töteten, Kindersachen lagen. Eine Verbindung käme für sie "nicht aus heiterem Himmel", sagte Marx.
Zahlreiche Augenzeugen, die im Zuge der NSU-Ermittlungen befragt wurden, meinten, dass Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe im Urlaub gemeinsam mit Kindern unterwegs gewesen seien. Eine Zeugin wollte sich sogar daran erinnern, dass ein Mädchen Zschäpe als "Mama" bezeichnet habe.
Überprüfung aller alten Beweismittel gefordert
Auch die Obfrau der Linken in dem Untersuchungsausschuss, Katharina König, verwies am Freitag auf personelle Überschneidungen zwischen der thüringischen Naziszene und Fällen von Kindesmissbrauch und -tötung. Dies gelte bekanntermaßen sogar für Böhnhardt selbst. Dieser sei früher gemeinsam mit dem angeblichen Besitzer der Hütte im Umfeld von Peggys Fundort bei den Ermittlungen zu einem 1993 in Jena ermordeten Buben ins Visier geraten, erklärte sie in Erfurt. Jetzt müssten alle ungeklärten Todesfälle von Kindern und Menschen mit Migrationshintergrund daraufhin geprüft werden, ob NSU-Mitglieder oder Unterstützer damit etwas zu tun hätten. Auch alte Beweismittel müssten erneut geprüft werden.
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