Mehr Jobs, mehr Konsum, mehr Wachstum: Die Wirtschaft vieler Ost-Länder wächst doppelt so schnell wie in Westeuropa. In Rumänien brummt der Konjunkturmotor am lautesten, auch Ungarn zieht davon. Auch österreichische Firmen profitieren davon.
Die ost- und südosteuropäischen Länder bereiteten Wirtschaftsforschern in den vergangenen zwei Jahrzehnten oft Kopfzerbrechen: Obwohl die Staaten bei Wohlstand, Infrastruktur etc. weit hinter Westeuropa lagen und daher erheblicher Aufholbedarf vorhanden war, zündete die Wirtschaft in den meisten Ländern höchstens zeitweise den erhofften Turbo.
Von Wirtschaftskrise 2008 gut erholt
Von der Wirtschaftskrise 2008 wurde Osteuropa besonders stark in Mitleidenschaft gezogen. Die Investitionen gingen zurück, die Arbeitslosigkeit stieg enorm an. Doch jetzt endlich dürfte der erhoffte Aufschwung da sein. Ökonom Mario Holzner vom Wiener Institut für Wirtschaftsvergleiche: "Wir sehen ein stabiles Wirtschaftswachstum in der gesamten Region. Das haben wir schon lange nicht gehabt."
Im Durchschnitt liegen die Wachstumsraten heuer bei drei Prozent und damit doppelt so hoch wie in Westeuropa (siehe Grafik unten). Bis 2019 steigen sie noch weiter - gute Nachrichten also für österreichische Unternehmen, die in Osteuropa aktiv sind.
"Rumänien und Slowakei profitieren von ausländischen Konzernen"
Die Gründe sind vielfältig und je nach Land unterschiedlich. Besonders stark zieht die Konjunktur in Rumänien und Ungarn an, da die Staaten mehr ausgeben und sich der Konsum erhöht. Holzner: "Rumänien und die Slowakei profitieren zudem von mehr Direktinvestitionen ausländischer Konzerne, etwa aus dem Automobilsektor." So errichtet der britische Autohersteller Jaguar Land Rover um eine Milliarde Pfund (1,18 Milliarden Euro) auf 300.000 Quadratmetern eine neue Fabrik im slowakischen Nitra und schafft 2800 Jobs.
"Weniger Gründe für Ungarn, nach Österreich zu gehen"
Die Arbeitslosigkeit ist allerorts im Sinkflug, in manchen Ländern herrscht Vollbeschäftigung. Tschechien war Ende März das EU-Land mit der niedrigsten Arbeitslosenquote, Ungarn lag auf Platz drei, Polen auf Platz sieben. Selbst Bulgarien und Rumänien liegen klar unter dem EU-Schnitt. "In großen Teilen der Region herrscht Arbeitskräftemangel, es kommt daher zu einem Zustrom von Arbeitern aus der Ukraine. Und es gibt weniger Gründe etwa für Ungarn, nach Österreich zu gehen", analysiert Holzner.
Löhne steigen um rund fünf Prozent
Positive Impulse kommen in Ost- und Südosteuropa auch vom privaten Wohnbau und vom Konsum: "Wir sehen einen Anstieg beim Kauf von Computern, Handys, Haushaltsgeräten und Luxusartikeln." Davon profitiert wiederum der Handel. Und obwohl die Löhne um etwa fünf Prozent ansteigen, bleiben die Staaten international konkurrenzfähig. Das führt zu mehr Investitionen der Industrie. Holzner: "In den Westbalkanländern liegen die Direktinvestitionen sogar im Bereich von fünf bis sechs Prozent der Wirtschaftsleistung."
Vergil Siegl, Kronen Zeitung
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