Islam-Kritikerin:

“Kopftuchlobby will mir Kind aus dem Bauch treten”

Ausland
06.05.2017 16:20

Zana Ramadani (32) ist Islamkritikerin und Kopftuchgegnerin. Mit der "Krone" spricht die Berliner Bestsellerautorin ("Die verschleierte Gefahr") über Toleranzwahn, falsche Solidarität und Morddrohungen.

Sie macht Home-Office an diesem Freitagvormittag, und das muss man sich so vorstellen: "Ich habe es mir in meinem großen Ohrensessel bequem gemacht, der Laptop liegt auf meinen Beinen", erzählt Zana Ramadani bei unserem Telefoninterview. "Am Schreibtisch kann ich im achten Monat nicht mehr so lange sitzen." Die gebürtige Mazedonierin, die mit 18 vor ihrer muslimischen Familie ins Frauenhaus geflüchtet ist, erwartet im Juni ihr erstes Kind. "Es wird ein widerspenstiges Mädchen werden, sie macht schon jetzt kräftige Randale im Bauch", lacht die werdende Mutter.

Gemeinsam mit sechs anderen Menschenrechtsaktivistinnen - alle mussten aus dem islamischen Kulturkreis fliehen, weil ihr Leben durch religiösen Zwang, Unterdrückung und Gewalt bedroht war - hat die 32-Jährige einen offenen Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen geschrieben, den auch die "Krone" abgedruckt hat. "Bis heute kam keine Antwort", so Ramadani. "Herr Van der Bellen will zwar ein Präsident für alle sein, Islamkritikerinnen möchte er aber offenbar nicht sehen."

Im März veröffentlichte die Wahl-Berlinerin ihr Buch "Die verschleierte Gefahr", das mittlerweile bereits in die vierte Auflage geht. Untertitel: "Die Macht der muslimischen Mütter und der Toleranzwahn der Deutschen."

Autorin Zana Ramadani (Bild: Martin Lengemann/laif, Europa Verlag)
Autorin Zana Ramadani

"Krone": Frau Ramadani, der Titel Ihres Buches klingt sehr provokant. Wollen Sie mit Ihren Thesen provozieren?
Zana Ramadani: Ganz im Gegenteil! Mein Buch zeigt nicht nur mit dem Finger auf die Gefahren, die der politische Islam mit sich bringt. Sondern es ist auch ein sehr hoffnungsvolles Buch, weil ich Lösungsansätze liefere, was viele andere Bücher leider nicht tun.

Warum nehmen Sie die muslimischen Mütter so stark in die Verantwortung?
Weil die Wurzel des Übels in der Erziehung liegt. Die muslimischen Frauen herrschen in der Familie. Sie müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass sie ihre Töchter zu willenlosen Wesen und ihre Söhne zu hoffnungslosen Machos erziehen. Die werden mit ihrem Leben dann nicht fertig und radikalisieren sich.

War das auch bei Ihrer Mutter so?
Wir haben mittlerweile ein neutrales, gutes Verhältnis zueinander. Das war aber erst ab dem Punkt möglich, an dem ich begriff, dass sie sich einfach von ihrer Sozialisierung und ihren Werten nicht lösen kann, obwohl sie sich auch weiterentwickelt hat. Vor allem seit ich politisch aktiv bin. Ich bin auch auf muslimische Art und Weise sozialisiert worden, aber ich habe nie das Glaubensbekenntnis abgelegt, weil ich schon als Kind nicht verstanden habe, wie Gewalt und Ungerechtigkeit gegenüber Menschen mit der Religion begründet wurde und werden konnte. Warum soll ich an Allah glauben, wenn auch Schläge mit Allah begründet werden können? Ich habe auch nie das Kopftuch getragen.

(Bild: Jörg Schulz, Chuck Knox Photography)

Was ist denn so böse am Kopftuch?
In Skopje, wo ich aufgewachsen bin, war es damals gar nicht verbreitet. Heute gibt es in Mazedonien zum Teil die Vollverschleierung, auch von ganz jungen Mädchen, das wird von Tag zu Tag mehr. Vom Kopftuch zur Vollverschleierung ist es nur ein kleiner Schritt, deshalb ist das Kopftuch eine große Gefahr. Es ist nicht, wie Herr Van der Bellen anklingen ließ, ein Zeichen von Freiheit, sondern das Gegenteil: Symbol von Geschlechtertrennung, von Ungleichbehandlung und Unterdrückung!

Aber viele Musliminnen tragen es doch auch freiwillig.
Naja, so viele sind es ja nicht. Wie freiwillig kann ein pubertierendes Mädchen entscheiden, ob es Kopftuch trägt wie seine Mutter oder nicht? Das wird in eine Gesellschaft hineingeboren, die entscheidet, wann es sittlich, wann es ehrbar ist, was Reize sind und dass Frauen nicht provozieren dürfen. Millionen von Musliminnen leiden unter diesem Zwang. Sie können mir glauben, das ist die Mehrheit, nicht diese paar Kopftuchfrauen im Westen, die laut rumschreien, dass sie rassistisch behandelt werden.

Also gebührt Kopftuchträgerinnen in Ihren Augen keine Solidarität?
Es gibt Frauen, denen wird das Kopftuch angenagelt, weil es nicht richtig sitzt. Im Iran landen Frauen im Gefängnis, wenn sie ein Bild von sich posten, wie sie ohne Kopftuch aussehen. Dann stehen diese paar Kopftuchlobbyistinnen auf und propagieren den Schleier als pure Freiheit. Als Feministinnen und Humanistinnen müssten sie eigentlich sagen: Wir legen unser Kopftuch ab, weil so viele unserer Schwestern auf der ganzen Welt darunter leiden und weil es nicht zum spirituellen Glauben gehört. Erst wenn keine Frau mehr dazu gezwungen wird, es zu tragen, könnte ich es aus Solidarität tragen. Im Übrigen frage ich mich, warum Herr Van der Bellen nur von Frauen Solidarität verlangt. Er hätte ja auch alle Männer auffordern können, sich aus Solidarität mit den muslimischen Männern beschneiden zu lassen. Ist ja nur ein Stück Haut.

(Bild: Martin Lengemann/laif)

Der Bundespräsident hat mittlerweile eingeräumt, dass sein Vorschlag, alle Frauen sollten aus Solidarität ein Kopftuch tragen, ein Fehler gewesen sei.
Ja, mit dem Zusatz: "Wenn man so will." Das relativiert seine Einsicht doch sehr. Er hat nur einen Rückzieher gemacht, weil es sehr viel Gegenwind gab. Ich weiß nicht, was in seinem Kopf vorgeht, ob er einfach dem Toleranzwahn verfallen ist oder ob er bewusst eine bestimmte Klientel bedienen wollte.

Was meinen Sie mit Toleranzwahn?
Damit meine ich diese Feigheit, dem politischen Islam nicht entschlossen genug gegenüberzutreten, aus Angst, man könnte sich den Vorwurf des Rassismus einhandeln. Stattdessen wird der Islam als Teil unserer Gesellschaft gesehen. Ich sage: Nein, der Islam gehört nicht zu Deutschland. Nicht solange er die westliche Kultur mit den hier existierenden Gesetzen ablehnt, nicht solange in seinem Namen Frauen missachtet und Männer radikalisiert werden.

Und wie kann er Teil unserer Gesellschaft werden?
Ganz klar: Indem die Muslime sich der Mehrheitsgesellschaft zuwenden. Andersrum kann es nicht funktionieren.

(Bild: Jörg Schulz, Chuck Knox Photography)

Ihr Buch ist ein Bestseller geworden. Haben Sie auch Drohungen bekommen?
Ich lebe seit vielen Jahren mit Mord- und Vergewaltigungsdrohungen, eigentlich seit ich politisch aktiv bin. Nur seit ich schwanger bin, hat sich das Niveau geändert. Jetzt bedrohen diese Kopftuchlobbyisten nicht nur mich. Sie wollen mir auch "das Kind aus dem Bauch treten", sie hoffen, dass es tot geboren werde. Nur wenn ich jetzt den Mund halte, dann habe ich den Kampf, den ich ja auch für meine Tochter führe, aufgegeben.

Was wünschen Sie sich für Ihr ungeborenes Kind?
Dass es als Frau einmal noch freier und noch selbständiger leben darf und kann, als ich es konnte. Ich kann nicht erwarten, dass jemand anderer diesen Kampf für mich und mein Kind führt. Ich muss bereit sein, ihn selber zu führen.

(Bild: Jörg Schulz, Chuck Knox Photography)

Zur Person:
Geboren am 10. Jänner 1984 in Skopje, Mazedonien. Als sie sieben Jahre alt ist, kommen ihre muslimischen Eltern wegen des Balkankriegs nach Deutschland. Mit 18 flieht Zana ins Frauenhaus. 2009 wird die gelernte Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte deutsche Staatsbürgerin, 2010 tritt sie der CDU bei. Die Mitbegründerin von "Femen Deutschland" stürmte 2013 mit nackten Brüsten die Bühne von "Germanys Next Topmodel". Verheiratet, demnächst Mutter einer Tochter.

Conny Bischofberger, Kronen Zeitung

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