"Krone"-Reportage
Washington vor Trump-Angelobung im Ausnahmezustand
Ausnahmezustand, Spezialkräfte, Sperren und ständig Sirenen - vor der Angelobung von Donald Trump gleicht die US-Hauptstadt Washington einer Sicherheits-Festung. Ein Lokalaugenschein.
"Er ist ein Verbrecher!", brüllt eine Frau mit grauen Locken, die auf einer Parkbank thronend nach Aufmerksamkeit sucht. Dann holt sie aus ihrer Jacke einen Karton mit einer Trump-Schmähschrift hervor, fuchtelt damit herum und deutet auf das Gebäude hinter ihr. Die Dame hat ihr Protestquartier an einem Ort in Washington bezogen, der Gegner und Fans anzieht wie Motten das Licht: das Trump International Hotel auf der Pennsylvania Avenue, nur einen Steinwurf vom Kapitol entfernt.
Zur zweiten Gruppe gehört zweifelsohne Chrissy Paty. Sie präsentiert stolz einen "The Donald"-Schal und die, wie sie meint, "patriotischen Ohrringe", die mit weißen, blauen und roten Glitzersteinen besetzt sind. "Meine Tochter Kalena und ich sind elf Stunden aus Hawaii hierhergeflogen, um diesen historischen Tag zu erleben."
Die Stadt gleicht einer Festung
Nicht nur vor dem Hotel müssen die Securitys Überstunden machen. Angesichts der Angst vor einem Attentat oder Anschlag gleicht die ganze Stadt einer Festung. An jeder Ecke im Zentrum sind Sicherheitskräfte positioniert, riesige Tafeln weisen auf Evakuierungsrouten hin. Den Ausnahmezustand komplett machen das Sirenen-Stakkato und ständig irgendwo aufblitzendes Blaulicht.
Der Ablauf für die Machtwechsel-Party am Freitag scheint jedenfalls generalstabsmäßig geplant. Geht alles wie vorhergesehen über die Bühne, startet die Trump-Show um 8.30 Uhr morgens (Ortszeit) - und zwar mit dem Segen von ganz oben: Gemäß Tradition nimmt der designierte Präsident an der Frühmesse in der St.-John's-Episcopalkirche teil.
Die erste Rede, dann folgt die Parade
Danach ist ein Treffen mit Barack Obama geplant. Um 11.30 Uhr beginnt an der Westseite des Kapitols die Zeremonie. Um Punkt 12 Uhr wird Verfassungsrichter John Roberts Trump zum Schwur auffordern. Nach der ersten Rede zieht der neue Präsident mit seiner First Lady im Zuge einer Parade zum Weißen Haus. 34 Bands, Veteranenverbände und Dutzende Abordnungen marschieren im Tross mit.
Über die Zusage des Cowgirls Rodeo Drill Team aus New Buffalo hat sich Trump gerüchteweise besonders gefreut. Vielleicht hat er für die jungen Damen gemäß seinen TV-Gepflogenheiten ein paar anzügliche Tipps parat. Bekanntlich scherzt der zukünftige Präsident auch gerne über seine sexuellen Vorlieben. Tatsache ist trotz des bunten Treibens am Angelobungstag aber auch: Angesichts der Zeitenwende ist vielen Menschen in den USA mittlerweile das Lachen im Hals stecken geblieben.
Gregor Brandl, Kronen Zeitung
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