Desaster für Chefin

348 Wiener Grüne stoppen Mega-Projekt am Heumarkt

Österreich
21.04.2017 16:02

Heftiger Gegenwind für Wiens grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou: Mit ihrer umstrittenen Umgestaltung des Heumarkt-Areals ist sie gescheitert - und zwar an der eigenen Partei. Bei der Urabstimmung lehnten die Wiener Grünen das Projekt ab. Damit gerät Vassilakou, die auch Planungsstadträtin ist, gehörig unter Druck. Sie hatte bisher stets am Projekt samt Wohnhochhaus festgehalten.

Von den stimmberechtigten 1313 Mitgliedern der Grünen Wien haben demnach 685, also 52,17 Prozent, an der Befragung teilgenommen. Damit ist das Ergebnis laut Parteistatus bindend. Denn die nötige Beteiligung beträgt mindestens 50 Prozent.

348 Personen, also 51,33 Prozent, haben auf die Frage "Sollen die Wiener Grünen der Flächenwidmung 7984 am Heumarkt beim Eislaufverein und damit dem Hochhausbau im Kerngebiet des UNESCO-Weltkulturerbes zustimmen?" mit Nein abgestimmt. 330, also die Minderheit von 48,67 Prozent, haben somit für das Vorhaben votiert.

So hätte das Areal nach den zuletzt ventilierten Plänen aussehen sollen. (Bild: Isay Weinfeld und Sebastian Murr)
So hätte das Areal nach den zuletzt ventilierten Plänen aussehen sollen.

Pläne sahen Turm und neues Interconti vor
Die Pläne für die Neugestaltung sahen neben einem 66-Meter-Gebäude auch den Neubau des Hotels Intercontinental und die ganzjährige Zugänglichkeit bzw. Nutzbarkeit der Flächen des Eislaufvereins vor, dessen Erhalt langfristig abgesichert werde, argumentiert die Stadt.

Bezahlt wird das allerdings von der Wertinvest, die dafür die Widmung für das Hochhaus bekommt, kritisieren Kritiker. Im Hauptfokus der Debatte liegt aber die mit dem Turm verbundene drohende Aberkennung des Weltkulturerbe-Status durch die UNESCO. Im Juli entscheidet sich, ob Wien - als Vorstufe - einmal auf die Rote Liste kommt.

So sollte der Heumarkt nach der Umgestaltung aussehen. (Bild: Kronen Zeitung)
So sollte der Heumarkt nach der Umgestaltung aussehen.


Vorzeigeprojekt spaltet die Grünen
Das Vorhaben sorgt daher seit Monaten nicht nur für Aufruhr bei Denkmalschützern und der Opposition, sondern es hattte zuletzt auch die Grünen gespalten. Die Gegner des Projekts mit Alexander Hirschenhauser, Klubobmann der Grünen Innere Stadt, als Sprecher sammelten deshalb Unterschriften für eine Urabstimmung. Hirschenhauser sagte nach der Abstimmung: "Ich erwarte mir, dass das Projekt zurück an den Start geht. Das heißt, die grüne Partei darf und kann das Projekt in dieser Form nicht unterstützen." Nach diesem Ergebnis könne niemand mehr im Namen der Grünen sagen, dass die Partei für die Neugestaltung sei.

Er betonte, dass er es "toll" von Vassilakou finde, dass sie die ganze Zeit über zu ihrer Meinung gestanden sei. "Das beweist Rückgrat", sagte er. Nachsatz: "Gleichzeitig erwarte ich mir, dass sie die Mehrheitsmeinung der Grünen ernst nimmt und entsprechend agiert."

Der Wiener Eislaufverein vor dem bestehenden "InterConti" am Heumarkt (Bild: Peter Tomschi)
Der Wiener Eislaufverein vor dem bestehenden "InterConti" am Heumarkt

Vassilakou massiv unter Druck, kein Statement
Das Negativ-Votum ihrer Partei bringt Maria Vassilakou nun gehörig unter Druck - und lässt angesichts der Wirrungen in der Bundespartei natürlich die Frage offen, wie fest die Vizebürgermeisterin als Parteichefin der Wiener Grünen noch im Sattel sitzt. Sie hatte nämlich stets an der Neugestaltung des Heumarkt-Areals festgehalten. Vassilakou wollte sich im Vorfeld auf Fragen, was im Fall des Falles passiert bzw. ob ein grünes Nein etwa gar das Ende der Heumarkt-Pläne bedeuten könnte, übrigens nicht festlegen.

Über ihren Sprecher ließ sie ausrichten, dass man das Ergebnis nun "gemeinsam beraten und daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen" werde. Zu diesem Zweck sind für Montag Treffen der Parteigremien vorgesehen. Ob die Ressortchefin aus dem Nein der grünen Basis persönliche Konsequenzen ziehen wird, blieb am Freitagnachmittag demnach offen. Weder im Vassilakou-Büro noch in der Partei wollte man derlei Fragen beantworten. Keine konkreten Details gab es vorerst außerdem über Ort und Zeit der Gremiensitzungen. Nur soviel: Die Debatte werde auf breiter interner Ebene geführt werden.

Gernot Blümel (Bild: APA/ROLAND SCHLAGER)
Gernot Blümel

Blümel: "Unendliches Chaos" dank Vassilakou
Wer den Schaden hat, braucht für den Spott bekanntermaßen nicht lange zu sorgen: Wiens ÖVP-Chef Gernot Blümel nannte das Heumarkt-Projekt "unendliches Chaos" und erklärte, das Ergebnis dieser Abstimmung sei "eine interne Ohrfeige für Vassilakou und ihren Adlatus Chorherr, die damit auch ihre Partei gespalten haben".

Durch die völlige Inkompetenz von Vassilakou sei bereits sehr viel Zeit verschwendet und enorm viele Emotionen geschürt worden, so Blümel. Die Warnungen seitens der UNESCO und ICOMOS seien stetig ignoriert worden, auf die Interessen der Bürgerinnen und Bürger sei man nicht eingegangen und den Investoren habe man durch diese chaotische Politik keinerlei Planungssicherheit bieten können. "Vassilakou muss endlich ihren Job machen", so Blümel abschließend.

NEOS wollen Volksbefragung
NEOS-Parteichefin Beate Meinl-Reisinger forderte per Aussendung eine Volksbefragung. Einen Antrag will man am 5. Mai im Gemeinderat einbringen - denn: "Der Weltkulturerbestatus ist für Wien allerdings zu wichtig, als dass über dessen möglichen Verlust nur Parteimitglieder entscheiden dürfen."

FPÖ verlangt Rücktritt von "Totalversagerin Vassilakou"
Die FPÖ fordert angesichts des ablehnenden Urabstimmungsergebnisses zum Wiener Heumarkt-Projekt den Rücktritt von Maria Vassilakou. FPÖ-Planungssprecher Stadtrat Toni Mahdalik bezeichnete sie in einer Aussendung am Freitag als "Totalversagerin". In der Ablehnung ortete er die Basis für einen Kompromiss. Er forderte einen Runden Tisch der Beteiligten.

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