Von Leonardo da Vinci stammt die Aussage: "Die Wasserwelle entflieht, das Wasser aber bleibt; ähnlich wie sich die vom Wind erzeugten Wellen über ein Kornfeld ausbreiten, während die Ähren an ihrem Platz bleiben." Das heißt, dass die Wasserwellenausbreitung eher Energie als Materie transportiert. Wie sich Wasserwellen als Schwingungen einer Wasseroberfläche verbreiten, lässt sich zum Beispiel an einem schwimmenden Blatt beobachten.
Wie erläutert man die Bewegung des Wassers unter einer Welle? "Diese Fragestellung ist eng verbunden mit dem Druckverhalten in der Tiefe. Taucher können spüren, wie der Druck höher wird, wenn sich der Wellenkamm nähert", erklärt Prof. Dr. Adrian Constantin von der Fakultät für Mathematik der Universität Wien, "die Wechselwirkungen zwischen dem, was unten, und dem, was an der Oberfläche passiert, sind kompliziert - Messungen zeigen, dass die Ursachen und ihre Wirkung nicht verhältnismäßig sind." Die Art und Weise, wie eine größere Welle den Druck in der Tiefe erhöht, ist bei Weitem noch nicht wissenschaftlich geklärt.
Hälfte der Tsunami-Warnungen falsch
Die Beschäftigung mit dieser Frage ist mehr als pure Neugierde, da in Küstennähe Wellenhöhen oft durch Drucksensoren auf dem Meeresboden real abgeschätzt werden müssen. Derzeit beruhen Vorhersagen auf sehr vereinfachten Modellen, die sich oft als falsch erweisen. So waren mehr als 50 Prozent der Tsunami-Warnungen in den letzten Jahren im Pazifischen Ozean falsch, was dazu führt, dass ein Alarm oft nicht ernst genommen wird.
Da eine exakte Untersuchung bzw. experimentelle Nachbildung dieser wechselhaften Verhältnisse unter natürlichen Bedingungen nicht möglich und daher auch eine Computersimulation nicht erfolgversprechend ist, hat sich die Arbeitsgruppe von Prof. Constantin andere Lösungsansätze ausgedacht. Dies ist ihnen durch mathematische Untersuchungen rein analytischer Natur, das heißt ohne durch den Computer unterstützte Berechnungen, gelungen.
Jetzt ist es möglich, die Wellenhöhe genauer durch Bestimmung der Druckschwankungen in der Tiefe abzuschätzen und jene Punkte zu finden, bei denen der Druck maximal bzw. minimal ist. Diese theoretischen Überlegungen wurden in Japan experimentell bestätigt.
Zur Person:
Adrian Constantin, geboren 1970 in Temeswar (Rumänien), hat 1996 an der New York University (USA) promoviert und sich 1999 an der Universität Zürich habilitiert. Seit 2008 ist er Professor an der Fakultät für Mathematik der Universität Wien. Seine Forschung wurde vom WWTF, FWF und dem Europäischen Rat unterstützt.
In der Serie "Krone der Wissenschaft" stellen wir Projekte von Spitzenforschern und -forscherinnen in Österreich vor. Ausgewählt werden sie von Prof. Dr. Georg Wick, dem Leiter des Labors für Autoimmunität an der Medizinischen Universität Innsbruck.
Kronen Zeitung
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