Als sich in den Abendstunden des 21. November 1916 in den Wiener Lokalen die Nachricht des "Unfassbaren" verbreitete, sollen "augenblicklich Spiel und Gesang verstummt" sein, wie der "Allgemeine Tiroler Anzeiger" damals schrieb. Der "ewige Kaiser" Franz Joseph I. starb vor 100 Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung. Viele werden später sagen: und mit ihm die Monarchie in Österreich. Denn schon zwei Jahre nach seinem Tod dankte der letzte Kaiser, sein Großneffe Karl I., ab.
Kaiser Franz Josephs Regentschaft war länger als die Lebenserwartung seiner Untertanen: Fast 68 Jahre lang führte er das Zepter in der Donaumonarchie. Mit ihm wurde mitten im Ersten Weltkrieg auch die jahrhundertelange Herrschaft des Hauses Habsburg zu Grabe getragen. Schon in den Abendstunden des 21. November seien die Bewohner Wiens "ernstlich beunruhigt" gewesen durch die Nachricht über das ansteigende Fieber ihres 86-jährigen Monarchen. "Das Abendbulletin ließ leider keine Zweifel mehr an der Schwere der Erkrankung", schrieb der "Allgemeine Tiroler Anzeiger".
"Der gestern bei Sr. Majestät konstatierte Herd in der rechten Lunge hat an Ausdehnung zugenommen, Temperatur früh 38.1, 2 Uhr nachmittags 39.5, am Abend 39.6, Puls 80, weicher, Atmung beschleunigt, 30 Atemzüge in der Minute, Appetit gering, Kräftezustand merklich gesunken", lautete der letzte Krankheitsbericht, der die Abendausgaben dominierte.
Video: Das Begräbnis Kaiser Franz Josephs am 30. November 1916
Bis zum Umfallen gearbeitet
Bereits seit Anfang November hatte sich der Gesundheitszustand des greisen Monarchen massiv verschlechtert. Dennoch arbeitete er buchstäblich bis zum Umfallen. Erst am Vorabend seines Todes begab sich Franz Joseph etwas früher zu Bett, wie sein Leibarzt im Krankenbericht notierte: Am 20. November "begab sich der Kaiser zum ersten Mal zeitlicher zur Ruhe als sonst". Ab 1 Uhr in der Nacht stellten sich Hustenanfälle ein, der Zustand Franz Josephs verschlechterte sich rapide.
"In den Nachmittagsstunden des 21. November trat dann eine Verschlechterung ein, die den Tod herbeiführte." Kaisertochter Marie Valerie, die am Abend ihre Tochter vom Westbahnhof abholen wollte, wurde von einem nachfahrenden Hofbeamten nach Schönbrunn zurückberufen. "Kurze Zeit nach ihrer Rückkehr hauchte der Kaiser seine Seele aus." Um 21.05 Uhr am 21. November 1916 stellte der Hofarzt den Tod des Kaisers fest.
"Als fülle sich die ganze Welt mit Schwarz"
Am 30. November wurde Franz Joseph in der Kapuzinergruft beigesetzt. Tausende Menschen hatten zuvor in der Hofburgkapelle am aufgebahrten Leichnam Abschied genommen. Der Trauerkondukt durch die Wiener Innenstadt hinterließ bei Zeitgenossen einen tiefen Eindruck. Der damals fünfjährige Bruno Kreisky hatte den Eindruck, "als fülle sich die ganze Welt mit Schwarz". "Es war eine einzige Demonstration der Schwärze und in den Gesichtern der Menschen waren Schmerz und Sorge zu lesen; was mochte jetzt werden?"
Während der Revolution 1848 zum Kaiser proklamiert
Erzherzog Franz Joseph aus dem Hause Habsburg-Lothringen wurde am 18. August 1830 unter der Regentschaft seines Großvaters Franz II./I. im Schloss Schönbrunn geboren. Als dieser 1835 starb, folgte ihm zunächst sein Sohn als Ferdinand I. auf den Thron. Als im Jahr 1848 die Revolution auch über Wien hereinbrach, musste Metternich fliehen und Ferdinand abdanken. Der 18-jährige Franz wurde am 2. Dezember 1848 zum Kaiser proklamiert.
Doppelmonarchie und erste Verfassung
Unter seiner absolutistischen Regentschaft fiel nicht nur die Errichtung der Doppelmonarchie Österreich-Ungarn, sondern auch die Einführung des "Staatsgrundgesetzes über die allgemeinen Rechte der Staatsbürger für alle im Reichsrat vertretenen Königreiche und Länder", einem Grundrechtskatalog, der noch Basis für die über 50 Jahre später ausgearbeitete Verfassung der Ersten Republik sein sollte.
Zunehmend von Sisi entfremdet
Privat hatte es der Kaiser alles andere als leicht. Seine Frau Elisabeth - Sisi genannt und wie seine Mutter aus dem Haus Wittelsbach stammend -, die er 1854 heiratete, wurde am Wiener Hof nie heimisch und entfremdete sich nach glücklichem Beginn im Laufe der Jahre immer mehr von ihm. Am 10. September 1898 wurde sie auf der Uferpromenade des Genfer Sees von einem italienischen Anarchisten erstochen. Als Franz Joseph von ihrer Ermordung benachrichtigt wurde, sollen die berühmten Worte "Mir bleibt doch nichts erspart auf dieser Welt" gefallen sein. Sohn und Thronfolger Erzherzog Rudolf erschoss sich 1889 in Mayerling.
Ein Krieg, den er nicht wollte
Den letzten Schlag versetzte ihm die Ermordung des nunmehrigen Thronfolgers, seines Neffen Franz Ferdinand, am 28. Juni 1914 in Sarajevo. Er begann, bereits 84 Jahre alt und müde, unter dem Druck nach Rache dürstender Politiker und Militärs einen Weltkrieg, den er eigentlich nicht wollte. Franz Joseph glaubte jedoch, die Donaumonarchie militärisch zusammenhalten zu können und musste die Konsequenzen dieser Fehleinschätzung nicht mehr miterleben.
Sorge über das, was nach seinem Tod kommen sollte, hatte auch der Monarch sehr wohl gehabt. Sein Kammerdiener Eugen Ketterl notierte, dass den gottesfürchtigen Kaiser nicht so sehr die Furcht vor dem eigenen Tode bedrückte, "sondern die entsetzliche Angst, dass die Totenglocken, die ihm läuten würden, auch sein Reich zu Grabe geleiten könnten". Er sollte Recht behalten.
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