Im Rahmen eines Experiments zeigten die Forscher um Bevil Conway vom Wellesley College im US-Bundesstaat Massachusetts 1.400 Menschen das Foto des tatsächlich blau-schwarzen Kleides. 57 Prozent von ihnen erkannten die richtige Farbkombination, doch für rund 30 Prozent war das Kleid weiß-gold. Weitere zehn Prozent sahen die Farben Blau und Braun, die restlichen Befragten konnten sich nicht für eine Farbkombination entscheiden.
Wie die Wissenschaftler weiter herausfanden, neigten besonders Frauen und ältere Menschen dazu, das Kleid in Weiß-Gold zu sehen. Das seien laut den Forschern auch jene Bevölkerungsgruppen, die früher am Morgen aufstehen und deshalb stärker an Tageslicht gewöhnt seien. Da Sonnenlicht einen hohen Blauanteil enthalte, sei das Gehirn dieser Menschen darauf programmiert, die blauen Anteile des Lichts zu korrigieren, was das Kleid eben weiß und gold erscheinen lasse, wie der "Stern" schreibt.
Menschen, die tendenziell länger schlafen und dementsprechend eher in den Abendstunden wach seien, seien mehr auf künstliches Licht eingestellt, das mehr rötliche Anteile erhalte. Würden diese roten Anteile herausgefiltert, wirke das Kleid blau und schwarz.
Anhaltspunkte fehlen völlig
Zur zusätzlichen Farbverwirrung sorge, dass man nicht wisse, ob das Kleid im Freien hänge und von Sonnenlicht angestrahlt werde oder in einem Raum unter künstlichem Licht fotografiert worden sei. Ohne diese Informationen greife das Gehirn auf Erfahrungswerte zurück und interpretiere die Farben eigenständig, so die These.
In dieselbe Kerbe schlagen auch Forscher um Karl Gegenfurtner aus dem deutschen Gießen. Laut ihrer Theorie befinden sich alle wahrgenommenen Farben im Farbkreis auf der sogenannten Tageslichtachse. Je nach Stand der Sonne tendiere das Tageslicht eher ins Bläuliche (mittags) oder ins Gelbliche (morgens und abends). Dass Menschen Schwierigkeiten haben, Farben entlang der Tageslichtachse korrekt wahrzunehmen, sei in Studien bereits belegt worden. Zudem würden bei dem Foto des Kleides eben die Anhaltspunkte fehlen, die es Menschen ermöglichen, den Einfluss von bläulichem oder gelblichem Licht unbewusst herauszufiltern. Das Foto liefere aber keine Informationen über die Beleuchtungsverhältnisse.
"Mit einem roten Kleid wäre das nicht passiert"
"Der Farbton hängt in der Wahrnehmung der einen Fraktion damit zusammen, dass ein weißes Kleid kühlem bläulichem Licht ausgesetzt wurde", so Gegenfurtner. "Genauso gut könnte es aber ein blaues Kleid sein, das mit warmem Licht überbelichtet wurde." Nur eines sei sicher: "Mit einem roten Kleid wäre das nicht passiert."
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