Tod einer Kämpferin

Frau nach 60 Jahren in “Eiserner Lunge” gestorben

Ausland
30.05.2008 17:11
Eine 61-jährige Amerikanerin aus Memphis im Bundesstaat Tennessee, die seit ihrem dritten Lebensjahr in einer sogenannten "Eisernen Lunge" gelebt hat, ist jetzt aufgrund eines Stromausfalls gestorben. Diane Odell (das Foto oben zeigt sie an ihrem 60. Geburtstag) war durch eine Polio-Erkrankung an das monströse Beatmungsgerät, das 1920 erfunden wurde, gefesselt. Ein umgefallener Baum kappte am Mittwoch die Stromversorgung für das Viertel, in dem die Frau lebte. Ihre Familie konnte den Notfallgenerator für die Eiserne Lunge nicht mehr rechtzeitig in Gang bringen.

Der amerikanische Ingenieur Philip Drinker hat mit der "Eisernen Lunge" um 1920 das erste Gerät zur maschinellen Beatmung kranker Menschen erfunden. Der Patient wird dabei bis zum Hals in die sargähnliche Röhrenkonstruktion gesteckt. Auf den Körper wirkt in der Röhre ein Unterdruck, wodurch über den Mund Luft in die Lungen gesogen wird. Zum Ausatmen erzeugt das Gerät dann Überdruck. Mit der Einführung der Intubation zur künstlichen Beatmung und der Entwicklung tragbarer Atemhilfen verschwand die Eiserne Lunge aus dem Spitalswesen. In den USA gibt es immerhin noch rund 30 Patienten, die mit Drinkers Maschine überleben.

Für Diane Odell, die bei ihren rüstigen Eltern lebte, war der Apparat lebensnotwendig und bedeutete für die Frau sogar so etwas wie Komfort. Eine ständige Intubation hätte ihr die Lebensqualität genommen - abgesehen davon, dass es medizinisch kaum möglich ist, jemanden fast 60 Jahre mit einem Schlauch zu beatmen. Ein tragbares Beatmungsgerät konnte Odell nicht benutzen, weil die Kinderlähmung - sie erkrankte drei Jahre, bevor der Impfstoff gegen Polio entwickelt wurde - bei ihr eine komplizierte Wirbelsäulendeformation verursacht hatte. In ihrer Eisernen Lunge konnte sie zumindest mit anderen Menschen sprechen, hatte schon recht früh einen Fernseher und später auch einen Computer mit Internetzugang, den sie mit Sprachbefehlen steuern konnte. Für die tägliche Behandlung konnten sie die Pfleger, die täglich in die Wohnung von Odells Eltern kamen, nur wenige Minuten aus der Maschine nehmen. Trotz der Einschränkungen machte Odell den Highschoolabschluss, absolvierte Unilehrgänge und schrieb ein Kinderbuch über eine Sternschnuppe namens "Blinky".

"Für sie war jeder von Haus aus gut"
An ihrem 60. Geburtstag im Februar 2007 veranstalteten ihre Familie und Freunde eine Riesenparty für Dianne Odell. Erstmals seit zig Jahren verließ die Frau dabei samt der 300 Kilo schweren Beatmungsmaschine ihre Wohnung und feierte in einem Hotel mit 200 Freunden. 

Trotz ihrer für gesunde Menschen schwer vorstellbaren Lebensbedingungen hatte Odell laut ihren Freunden ein zufriedenes Leben. "Dianne war einer der fürsorglichsten Menschen, die man sich vorstellen konnte", sagt Frank McMeen von der "West Tennessee Health Care Foundation", die Odells Eiserne Lunge mithilfe von Spendengeldern über all die Jahre instand hielt. 

"Sie sorgte sich stets darum, wie es ihren Mitmenschen ging. Ihre Lebensumstände hat sie akzeptiert und sich nie darüber beklagt. Sie war nie frustriert und begegnete jedem ohne Vorurteile, für sie waren alle Menschen von Haus aus gut." 

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