Figur geköpft

Besucher reißt in Wachsmuseum Hitler-Kopf ab

Ausland
05.07.2008 17:39
Kurz nach der Eröffnung des neuen Berliner Wachsfigurenkabinetts Madame Tussauds hat ein Besucher am Samstag den Kopf der Figur von Adolf Hitler abgerissen. Nach Angaben eines Polizeisprechers hatte ein 41-Jähriger das Museum gegen 10.00 Uhr betreten und die Figur angefasst. Als ein weiterer Besucher ihn davon abhalten wollte, kam es zu einem Handgemenge. Schließlich riss der Mann den Kopf der Wachsfigur ab.

Die alarmierte Polizei konnte den in Berlin-Kreuzberg wohnenden Mann kurz darauf noch im Museum festnehmen. Nach ersten Erkenntnissen wollte der 41-Jährige gegen die Ausstellung demonstrieren. Der Staatsschutz ermittelt.

Posieren mit Hitler streng verboten
In den vergangenen Wochen waren die Organisatoren immer wieder wegen der Hitler-Figur kritisiert worden. Der Diktator ist in der Schau als alter Mann hinter einem Schreibtisch zu sehen. Seit Donnerstag saß er trübsinnig in seinem Führerbunker ganz in der Nähe vom Brandenburger Tor - als Wachsfigur im berühmten Puppenkabinett Madame Tussauds, das am Samstag offiziell eröffnet wurde. Hitler ist die einzige der insgesamt 75 Wachsfiguren, die weder berührt noch fotografiert werden darf. Auch das Posieren mit dem NSDAP-Chef wurde von der Geschäftsleitung strengstens untersagt - aus Respekt vor den Millionen Weltkriegstoten, wie eine Infotafel erläutert. Keinesfalls möchten die Betreiber offenbar riskieren, dass am Ende Neonazis als Touristen anreisen und sich mit ihrem Idol knipsen lassen.

Sorgenfalten zerfurchen die Stirn des scheiternden Feldherrn, über seinem Schreibtisch dreht sich an der Betondecke müde ein Ventilator. Daneben zeigt eine Militärkarte den unaufhaltsamen Vormarsch der Roten Armee im Jahr 1944. Viele Besucher dürften diskutieren: Darf man den Nazi-Führer, auf dessen Geheiß Millionen Menschen ermordet wurden, zu schlichten Unterhaltungszwecken zeigen?

Kohl-Wachsfigur ohne Genehmigung aufgestellt?
Nach der Empörung, die die Darstellung von Adolf Hitler in Berlin ausgelöst hat, droht "Madame Tussauds" weiterer Ärger. Der deutsche Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl zeigte sich in der "Bild"-Zeitung (Samstagsausgabe) verwundert darüber, als Wachsfigur in der Ausstellung zu stehen. "Ich habe dazu nie mein Einverständnis gegeben."

Kohl hat dem Bericht zufolge zwar im Vorfeld Kontakt mit den Ausstellungsmachern gehabt, sein Einverständnis aber an bestimmte Bedingungen geknüpft. "Das ist alles sehr unseriös, da fehlt jeder Anstand. Ich gebe die Sache meinem Anwalt", sagte er der Zeitung.

Motto: "Weltstars zum Anfassen nah"
Auf den zwei Etagen mit 2.500 Quadratmetern am Boulevard Unter den Linden lautet das Motto ansonsten "Weltstars zum Anfassen nah". Wer will, kann neben Kanzlerin Angela Merkel ans Rednerpult treten, Erich Honecker einen Vogel zeigen, sich neben Sigmund Freud auf die Couch legen, sich als fünfter Beatle eine Gitarre schnappen oder Romy Schneider im "Sissy"-Kostüm anschmachten.

Albert Einstein tritt dem Besucher lässig im Wollpulli entgegen und fordert zum Wissenstest in Physik und Chemie heraus: Welcher Planet ist der größte, welches Metall leitet Strom am besten und wie schnell ist eigentlich Licht?

Achte Filiale weltweit
Die deutsche Niederlassung ist weltweit die achte Filiale, die 10,5 Millionen Euro teure Schau wurde in fünf Monaten fertiggestellt. Besonders aufwendig war die Herstellung der Figuren: Es dauert allein 140 Stunden, die echten Menschenhaare einzusetzen. Auf der Haut sitzen zehn Schichten Ölfarbe und dünne Seidenfäden dienen als Venen in den Augen. Die Prominenten wie etwa Herbert Grönemeyer mussten viel durchmachen: Von ihren Köpfen und Körpern wurden 226 Maße genommen und 150 Fotos geschossen.

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