Österreicher können sich etwa im nahe gelegenen München ein Bild von "Saf" machen. Im "Zerwirk" in der Ledererstraße wird entweder kalt oder nicht wärmer als mit 48 Grad "gekocht".
„Saf“ in New York erfunden
Erfunden wurde die Rohkost-Küche von dem New Yorker Chad Sarno. "Saf"-Restaurants in Europa gibt es inzwischen in Istanbul, London und eben München. Kochen, dünsten und braten sind in diesen Restaurants passe. Im "Zerwirk" wurde schon vegan gekocht, aber jetzt sind auch die rohen Kreationen von Sarno dazugekommen. "Entweder wird gar nichts erhitzt wie Salate, die mariniert oder eingelegt werden, oder die Speisen werden in Heißluftöfen dehydriert", erzählt "Zerwirk"-Inhaber Michi Kern, der demnächst auch Kochkurse anbieten will.
Gekocht wird mit einem „größeren Fön“
Und das funktioniert? "Ja, das ist ein handelsüblicher Heißluftofen, der nicht heißer als 48 Grad wird. Darin befindet sich eine Heizspule und ein Ventilator, sozusagen ein größerer Fön", erklärt Kern lachend. Der ganze Vorgang dauert zwar länger, aber ist für die Lebensmittel viel schonender. Und man kann sogar Brot damit backen; natürlich keinen ganzen Laib. "Der Teig wird dünn ausgerollt, auf einem Blech in den Ofen geschoben und raus kommen chipsartige Stückchen", sagte die Münchner Gastronomielegende.
Sehr viel Hand- und Schnippelarbeit
Durch die Zubereitungsart muss die Vorbereitung genau strukturiert sein. "Natürlich haben wir mehrere solcher Heißluftöfen, aber trotzdem ist es ein enormer Zeitaufwand", so der Gastronom. "Es ist sehr viel Handarbeit, bei den großen Mengen an Salaten ist es eine irre Schnippelarbeit." Aber der Aufwand lohnt sich, meint Kern. Alle Nährstoffe und Enzyme bleiben durch das schonende Erhitzen erhalten. Zutaten stammen aus der regionalen Bio-Landwirtschaft.
Ravioli aus dünn geschnittenem Gemüse
So sind Lasagne mit Kräutersaitling, schwarzen Trüffeln und Macademia-Ricotta oder Rote-Rüben-Ravioli mit Cashew-Käse-Füllung sowie Maki ohne Fisch und Reis möglich. Natürlich bestehen die Lasagneblätter und die Ravioli nicht aus Teig, sondern aus dünn geschnittenem Gemüse und der Reis in den Maki wird durch Cashewnüssen ersetzt. "Es ist eine sehr gehaltvolle Kost, besonders durch die Nusspasten. Die Portionen sehen kleiner aus, als sie einen sättigen", schwärmt Kern. "Viele essen leider immer noch mit den Augen, und dann wird es zuviel."
Experten: Rohkost nicht täglich
Doch ist die Rohkost überhaupt eine gut verträgliche Kost? Ernährungsexperten raten von einem täglichen Konsum ab, die traditionelle chinesische Medizin sieht sogar mehr Vorteile in gekochtem Essen als im rohem, auch schon zum Frühstück. Michi Kern: "Das muss jeder selbst ausprobieren, wie gut er die Sachen verträgt. Jeder Mensch hat verschiedene Vorlieben und Geschmäcker. Natürlich bedarf es einer gewissen Gewöhnung, bis sich die Verdauung eingestellt hat. Ich vertrage zum Beispiel sehr gut rohe Paprika, andere haben Probleme mit der Säure. Ich würde eine gesunde Mischung versuchen."
Hülsenfrüchte erst durch Erhitzen verdaulich
Der Gesundheitswert der Rohkost ist für die Vorsitzende des Verbandes der Diaetologen Österreichs, Andrea Hofbauer, nur schwer zu beurteilen. "Das Erhitzen von Lebensmitteln hat ja auch andere Gründe. Viele wie Getreide und Hülsenfrüchte werden erst durch das Erhitzen verdaulich gemacht", meint die Ernährungsexpertin. Hofbauer sieht zudem das Problem der unausgewogenen Ernährung. "Bei der Rohkost muss auf bestimmte Obst- und Gemüsesorten verzichtet werden. Es kommt zur Mangelernährung. Für den täglichen Bedarf ist sie nicht geeignet."
Intensiver Kochprozess zerstört Vitamine
Hofbauer begrüßt allerdings, dass sich Restaurants mit einer bewussteren Ernährung auseinandersetzen und den Eigengeschmack fördern. "So weiß man wieder, wie Brokkoli schmeckt, ohne dass ich Unmengen an Schlagobers und Fett hinzugebe." Durch die intensiven Kochprozesse würden natürlich Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe der Lebensmittel zerstört.
"Man isst anders, schmeckt intensiver"
Davon ist auch Restaurantleiter Michi Kern überzeugt: "Man isst anders, schmeckt intensiver, entdeckt neue Dinge. Ich habe immer geglaubt, dass das Spektrum durch die Rohkost kleiner wird, aber es wird größer, allein durch die verschiedenen Zubereitungsarten." Für den Münchner Gastronomen ist die kalte Küche eine sehr energiereiche Ernährungsart. "Ich mache sehr viel Sport, aber ich muss auch viel arbeiten. Mit dieser Ernährung komme ich gut durch den Tag. Es belastet meinen Körper nicht so sehr. Die Verdauung muss nicht so viel Energie aufwenden. Und Abstriche muss man nicht machen."
"Das Problem ist, dass wir viel zu stark verarbeitete Lebensmittel zu uns nehmen, da ist die Rohkost vorteilhaft. Gut wäre ein Rohkost-Anteil von 20 bis 50 Prozent täglich. 100 Prozent? Naja ich weiß nicht, das ist zu viel. Aber derzeit liegen wir nur bei zehn Prozent."
Und wie sieht es mit einem "Saf"-Restaurant in Österreich aus? "Ich denke schon, dass wir das Angebot in Zukunft noch weiter ausweiten werden. Aber zur Zeit sind wir noch in der Experimentierphase. Es ist noch ein Special Interest", meint Michi Kern. In New York ist die Rohkost bereits weiter verbreitet.
Tipp: Rohkostrezepte zum Ausprobieren findest du auf Cookingstars.at (Link siehe
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.