Beim Odin!

Too Human

Spiele
29.08.2008 15:47
Spätestens seit dem "Terminator" und der "Matrix" wissen wir: Mensch und Maschine vertragen sich einfach nicht. Diese schmerzhafte Erkenntnis überkommt die Menschheit auch in "Too Human", dem neuen Action-RPG von Silicon Knights für die Xbox 360: Nach einem verheerenden Nuklearkrieg steht die Menschheit am Rande ihrer Existenz und bittet im Kampf gegen übermächtige Metall-Giganten um göttlichen Beistand. Der Hilferuf bleibt zum Glück nicht ungehört, und so schickt Gott Odin seinen Tapferen Recken Baldur mit Schwert und Laser-Wumme in die Schlacht.

Bevor der Spieler jedoch als Gott der nordisch-germanischen Mythologie zu Felde ziehen kann, gilt es sich für eine von insgesamt fünf Charakterklassen zu entscheiden. Zur Wahl stehen der auf Nahkampf spezialisierte "Berserker", der universal-trainierte "Champion", der auf Rüstung und Verteidigung spezialisierte "Defender" sowie der im Umgang mit Distanzwaffen geschulte "Commando". Etwas aus dem Rahmen fällt der "Bio-Engineer", der über die Fähigkeit zu heilen verfügt.

Denn: Wirklich sterben kann der Spieler in "Too Human" nicht, was die Notwendigkeit eines Sanitäters überflüssig macht. Im Falle des virtuellen Ablebens entschwindet Baldur zwar mit einem Engel ins gelobte Walhall, kehrt kurz darauf aber wieder quicklebendig auf das Schlachtfeld zurück. Leider passiert dies sogar recht häufig, was wiederum auf die zum Teil schiere Übermacht der Gegner, aber größtenteils auf die ungewohnte Steuerung zurückzuführen ist.

Steuerte man nämlich bislang mit dem rechten Analogstick die Kamera, so ist dieser nun für das Kämpfen und die Auswahl des Feindes zuständig. Kreisende Bewegungen führen zum Rundumschlag, zwei kurze Antipper mit dem Stick nach vorne schleudern den Gegner in die Luft. Ein grüner Kreis um den Feind bestimmt dabei, welchem Gegner Baldur als nächstes mit Hammer, Schwert, Stab oder Axt zu Leibe rückt. Gelaufen wird nach wie vor mit dem linken Stick, über die beiden Trigger werden Primär- und Sekundärfunktion der jeweils ausgerüsteten Fernwaffe bedient. Kocht Baldur so richtig vor Wut, was durch Kombos erreicht wird, lässt sich zudem über den rechten Bumper der "Zerstörer" aktivieren, eine je nach Wut mehr oder weniger heftige Detonation, die Feinde im Umkreis erheblich schwächt. 

So toll diese Features auch sind, sie ändern leider nur wenig daran, dass man von Zeit zu Zeit einfach gerne einen Stick zum Rotieren der Kamera hätte - vor allem in Ecken, beim Anvisieren von Zielen und beim Kampf gegen die großen Zwischen- und Endgegner, die einen doch erheblich oft in die Knie zwingen. Glücklicherweise ist Baldur diesbezüglich jedoch nicht auf sich allein gestellt: Neben einigen menschlichen NPC-Mitstreitern steht dem Gott des Guten und der Gerechtigkeit auch eine Mech-Spinne zur Seite, die beispielsweise Minen legt oder MG-Salven verschießt.

Wie gut sie diesen Job erledigt, hängt wiederum von den erlernten Fähigkeiten Baldurs ab. Mit jedem Stufenaufstieg können in einem Fertigkeitenbaum Punkte verteilt werden. Nach einer ersten Aufwärmrunde in Level eins muss sich der Recke zudem entscheiden, ob er lieber Mensch bleiben oder sich mit Hilfe kybernetischer Modifikationen zu einer Art Cyborg umwandeln möchte. Abhängig davon, für welche "Gesinnung" man sich entscheidet, steht ein zweiter Fertigkeitenbaum zur Verfügung, was dem Spieler eine Vielzahl an Möglichkeiten der individuellen Charaktergestaltung bietet.

Die zweite große Stärke von "Too Human" ist das Inventar bzw. das, was darin landet: Für die Sammler unter den Spielern hält der Titel eine unglaubliche Vielzahl von Waffen aller Art sowie Rüstungen parat. Wie von anderen Action-RPGs/Hack'n'Slays bekannt, verfügen diese zumeist über spezielle Boni und können mitunter mit im Spiel zu findenden "Runen" verbessert werden. Auch "Konstruktionspläne" finden ab und an ihren Weg ins Inventar, wo sie, die nötigen Credits vorausgesetzt, schließlich zu Items aller Art zusammengesetzt werden können. Besonders praktisch: Wie sich ein gefundenes Item zu einem bereits ausgerüsteten verhält, ist anhand eines Ampel-Systems ablesbar: Grün steht für bessere, rot für schlechtere Eigenschaften.

Quests im herkömmlichen Sinn bietet "Too Human" nicht. Es gibt jedoch gewisse Aufgaben, die der Spieler sich in Form bestimmter Runen selbst auferlegen kann. Meistens beschränkt es sich dabei auf das Töten einer gewissen Anzahl von Gegnern oder das Finden bestimmter Gegenstände. Zum Nachteil gerät dies dem Spiel jedoch nicht, hält die Hauptstory doch genügend spannende und überraschende Wendungen bereit. Schließlich hat Baldur in "Too Human" nicht nur mit Maschinen, sondern auch gegen seinesgleichen zu kämpfen. 

Besonders geglückt ist den Machern die Verknüpfung von alter Mythologie und Science-Fiction. Am deutlichsten wird diese Fusion durch im Spiel verteilte Brunnen, mit deren Hilfe Baldur in eine von üppigen Wäldern geprägte Zwischenwelt reisen kann, um Dinge zu verändern, die sich in der Welt der Maschinen auswirken. Ein umgestürzter Baum in der virtuellen wird so etwa zur Brücke über einen Abgrund in der realen Welt.

Das alles wird in einer Optik präsentiert, die kaum Anlass zur Kritik lässt. Bis auf wenige Ausnahmen überzeugen die Götter durch absolut realistische Animationen, im Kampf wiederum blitzen Effekte noch und nöcher über den Bildschirm und - die leider nur linear gehaltenen - Level wie Endgegner imponieren durch ihre schiere Größe. Besonders eindrucksvoll wird es, wenn der vor Wut tobende Baldur von einem Gegner zum nächsten rast und seinen Widersachern mit geschickten Klingenschlägen das Licht auslöscht. Auch beim Sound hat man gute Arbeit geleistet und setzt die Mischung aus Tradition und Moderne gekonnt fort. Die deutschsprachige Synchronisation ist astrein.

Zu guter Letzt hält "Too Human" auch einen Online-Koop-Part für zwei Spieler bereit. Schade, dass man hier nicht zwei Spieler mehr unterstützt, wie es in Shootern inzwischen üblich ist. Dann würde nämlich auch eine Klasse wie der "Bio-Engineer" wesentlich mehr Sinn machen.

Fazit: Das große Manko von "Too Human" ist und bleibt die Steuerung sowie der mitunter frustrierende Schwierigkeitsgrad. Das Steuern mit dem Analogstick macht zwar Spaß, artet aber oftmals in wildes Herumfuchteln aus. Irgendwie hat man das Gefühl, dass man beim Metzeln mit den Buttons mehr Kontrolle über das Geschehen hätte, zumal sich dann auch wieder die Kamera justieren ließe. Eine tolle Story, die überwältigende Anzahl unterschiedlicher Items sowie eine gelungene Präsentation zählen jedoch zu den guten und nicht zu unterschätzenden Seiten des Spiels. Das Anspielen lohnt sich jedenfalls. Da "Too Human" den Auftakt einer Trilogie darstellen soll, bleibt zu hoffen, dass die Kinderkrankheiten in den folgenden Teilen ausgemerzt werden.

Plattform: Xbox 360
Publisher: Microsoft
Krone.at-Wertung: 8/10

von Sebastian Räuchle

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