Causa Friedrich

FPÖ ortet Justizskandal und fordert Konsequenzen

Österreich
11.09.2008 14:48
Schwere Geschütze gegen den in die Schlagzeilen geratenen Wiener Kinder-und Jugendpsychiater und Gerichtsgutachter Max Friedrich hat am Donnerstag die FPÖ aufgefahren. Justizsprecher Peter Fichtenbauer unterstellte Friedrich im Rahmen einer Pressekonferenz, "massenhaft Falschgutachten" verfasst zu haben. Er forderte Justizministerin Maria Berger (S) auf, Friedrich mit sofortiger Wirkung per Weisung von der Sachverständigenliste streichen zu lassen. Der derart Angegriffene Friedrich wies die Vorwürfe gegen ihn umgehend zurück und wird auch von Kriminalisten sowie den Wiener Kinderpsychiater und Kinderpsychologen unterstützt.

Eine Task Force - gebildet aus zwei Richtern und zwei anerkannten Sachverständigen - sollte sämtliche gerichtlichen Gutachten Friedrichs der vergangenen Jahre "systematisch durcharbeiten", verlangte Fichtenbauer, der dafür den Vorarlberger Psychiater Reinhard Haller und einen deutschen Experten gewinnen möchte. 

"Gegen Friedrich strafrechtlich vorgehen"
"Wenn Fehlgutachten entdeckt werden, sind geeignete prozessuale Schritte zur Wiederaufnahme der betreffenden Verfahren in die Wege zu leiten", sagte der Jurist, der seit über 30 Jahren als Rechtsanwalt tätig ist. Gegen Friedrich sei in diesen Fällen dann strafrechtlich vorzugehen.

Grundsätzlich trat Fichtenbauer für ein Qualitätsmonitoring für alle Sachverständigen ein, die bei Kindesmissbrauch als Gutachter von den Anklagebehörden und Gerichten beigezogen werden: "50 Prozent der Anzeigen bei Kindesmissbrauch sind falsch". Man habe daher "die Spreu vom Weizen zu trennen", die wahren Täter müssten ermittelt werden. Dafür benötige man "hoch qualifizierte Experten" und nicht "völlig unqualifizierte Gutachtensäußerungen".

Fichtenbauer untermauert Vorwürfe
Laut FPÖ soll Friedrich am 25. November 2002 in einem Obsorgestreit vom Bezirksgericht Döbling zum Sachverständigen bestellt worden sein, um dem Gericht eine Grundlage für die Entscheidung über das Besuchsrecht eines Vaters von zwei minderjährigen Kindern zu liefern. Erst am 11. Februar 2004 soll die Expertise eingetroffen sein. "Sie war so unbrauchbar, dass ein Ergänzungsgutachten in Auftrag gegeben werden musste", behauptete Fichtenbauer.

Friedrich weist Anschuldigung zurück
Diese ergänzenden Ausführungen hätte das Gericht in weiterer Folge fünfmal bei Friedrich urgieren müssen, ehe nach fast drei Jahren "drei Seiten" (Fichtenbauer) einlangten. Das Gericht habe dann festgestellt, "dass es dem Sachverständigen nicht gelungen ist, gutachterliche Ausführungen zu verfassen" und der Gerichtsauftrag nicht erfüllt worden sei, zitierte der FPÖ-Politiker aus ihm vorliegenden Schriftstücken. Friedrich reagierte auf die Vorwürfe umgehend: Er habe für ein Gutachten noch nie Jahre gebraucht.

Wiener Kinderpsychiater stützen Friedrich
In der Causa Friedrich haben sich am Donnerstag die Wiener Kinderpsychiater und Kinderpsychologen an die Öffentlichkeit gewandt. Sie betonten in einer gemeinsamen Aussendung, in der derzeitigen Diskussion um die Gutachtertätigkeit von Max Friedrich komme der Opferschutz zu kurz. Darüber hinaus äußerten sie die Befürchtung, mit der "Kampagne" gegen Friedrich wolle man an den Gerichten "deutsche Verhältnisse" schaffen, wo es kaum mehr Verurteilungen bei Missbrauchsverhandlungen von unter Sechsjährigen gibt. Das sei nicht im Sinne des Opferschutzes.

Kriminalisten verteidigen Angegriffenen
Auch die Vereinigung österreichischer Kriminalisten hat sich in einem offenen Brief ebenfalls auf die Seite des renommierten Wiener Kinder-und Jugendpsychiaters Max Friedrich gestellt. Als eine Kriminalbeamtin die Idee der "schonenden Vernehmung" sexuell missbrauchter Kinder in Wien durchsetzen wollte, sei Friedrich lange Zeit ihr einziger Verbündeter gewesen. Heute dagegen sei die schonende Vernehmung ein Institut, von dem man überlege, es in ganz Österreich anzuwenden.

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