"Wie Insektenauge"

Adobe will das “unmögliche Foto möglich machen”

Elektronik
16.09.2008 13:13
Dave Story, Vize-Präsident von Adobe, träumt von der Zukunft der digitalen Fotografie. Da die Kameratechnik jedoch nicht mit seinen Träumen Schritt hält, bastelt der Software Experte derzeit an einer eigenen Optik, die das "unmögliche Foto möglich machen soll."

"Wir haben so viele Algorithmen, die wir nicht verwenden können, weil die Kameratechnik noch nicht so weit ist", erklärt Story vor der am Dienstag nächster Woche in Köln beginnenden Fachmesse Photokina. Wie in den Anfängen der Fotografie gehe es bei der Kamera nach wie vor letztlich nur darum, Licht durch ein Loch einfallen zu lassen und auf einer Ebene aufzufangen.

3D-Foto aus 19 Einzelaufnahmen
Der Adobe-Manager will die Kameralinse jedoch so erweitern, dass sie gleichzeitig mehrere Fotos eines Motivs aufnimmt und damit die Informationstiefe einer Aufnahme erweitert. Zusammen mit seinem Team im Hamburger Entwicklungslabor der kalifornischen Softwarefirma experimentiert er mit dem Prototypen einer speziellen Kameralinse, die 19 Einzelbilder eines Motivs erfasst, jedes aus einer leicht verschobenen Perspektive - so ähnlich wie ein Insektenauge die Umwelt wahrnimmt. Auf diese Weise entsteht ein besonderes 3D-Foto mit detaillierten Informationen zur Position des Motivs in seiner räumlichen Umgebung.

"Wir wollen das unmögliche Foto möglich machen", sagt Story. Mit einem "Fokus-Pinsel" demonstriert er, wie er über ein derart erstelltes digitales Bild fährt: Wie von Zauberhand wird eine zunächst nur unscharf zu erkennende Skulptur in der Tiefe des Raums auf einmal scharf. Auf gleiche Weise wird eine zweite Skulptur, auf die bei der Aufnahme der Fokus platziert wurde, auf einmal unscharf.

Bilder im Nachhinein verändern
Bei solchen mit einer Mehrfachlinse aufgenommenen Fotos kann auch die Perspektive leicht verschoben werden. So ist es möglich, die Relationen von verschiedenen Motivelementen eines Fotos im Nachhinein zu verschieben. Das ist etwa praktisch, wenn auf einem Bild eine Lampe aus dem Kopf einer Person herauszuwachsen scheint, was mit einem Schwenk zur Seite vermieden werden kann.

19 Einzelbilder sind für Story allerdings nur der Anfang – der Adobe-Entwickler stellt sich vor, dass einmal jeder Pixel eines Fotos mit 3D-Informationen versehen wird. Solche Mehrfachlinsen könnten dann in einem 3D-Objektiv eingesetzt werden, das man einfach an eine digitale Spiegelreflexkamera ansetzt.

Mit Kameraherstellern hat Story bereits über die Entwicklung eines solchen Objektivs gesprochen. Er erklärt ihnen, dass dann die immer höhere Megapixel-Leistung des digitalen Sensors endlich sinnvoller genutzt werden könnte als bisher. Denn der Sensor kann gar nicht genug Megapixel-Power haben, wenn er beim Druck auf den Auflöser gleich 19 oder noch mehr kleine Aufnahmen festhält, die dann mit Hilfe von intelligenter Software wieder zu einem Foto zusammengesetzt werden.

Erinnerungen statt Fotos
"Die Leute wollen ja eigentlich nicht Fotos festhalten, sondern Erinnerungen", sagt der Adobe-Spezialist, der seinen Forschersinn am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) geschult hat. Deshalb will er die Lücke schließen zwischen "Image und Imagination", zwischen dem Foto als Ansammlung von Bildpunkten und der menschlichen Vorstellungskraft.

Ein weiterer Ansatz zu diesem Ziel besteht in einer Software, die ein Foto in viele Puzzle-Teile zerlegt und analysiert. Auf diese Weise soll die Adobe-Bildbearbeitungssoftware Photoshop lernen, die Motivelemente eines Fotos zu erkennen. Story demonstriert dies mit einem Foto, das eine Person in einem Park zeigt. Er zieht einen einfachen Rahmen um die Person und verschiebt sie nach links. Dabei schließt sich der Hintergrund der Parklandschaft dort, wo vorher die abgebildete Person stand. Für eine solche Manipulation sind bisher mehrere zeitaufwendige Arbeitsschritte notwendig.

Erste Ergebnisse in einigen Jahren
Dave Story sieht die Zukunft der Fotografie in einem Konzept, das er in Anlehnung an den Visionär Steve Mann als "Computational Photography" bezeichnet. Wenn die Pixel eines Fotos weit mehr Informationen speichern als nur die Rot-, Grün- und Blauwerte eines Bildpunkts, erreicht die digitale Fotografie ein neues Level. Und wann beginnt diese Zukunft? Dave Story erwartet, dass man schon in einigen Jahren erste Ergebnisse sehen wird.

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