"Es war ein tougher Film zu machen, aber ich glaube, wir haben es ganz gut hingekriegt", sagte Produzent Bernd Eichinger nach der Premiere im voll besetzten Kinosaal des Mathäser Filmpalastes. Fast die ganze Riege der prominenten Darsteller war gekommen, um bei der Uraufführung dabei zu sein. Neben Bleibtreu, Martina Gedeck, Johanna Wokalek und Stefan Aust waren auch Schauspieler wie Heino Ferch, Katharina Wackernagel oder Bruno Ganz unter den Ehrengästen. Im Anschluss hatte die Constantin Film Produktion zu einem Empfang ins Haus der Kunst geladen.
Film im Rennen um Auslandsoscar
Für ihren Streifen über die Bluttaten der RAF können sich Eichinger und Regisseur Uli Edel auch Hoffnungen auf einen Oscar machen. Wenige Stunden vor der Premiere war er als deutscher Kandidat ins Rennen um die begehrte Trophäe geschickt worden. "Die großartige schauspielerische Leistung und die außergewöhnliche filmische Umsetzung der Geschichte erlaubt einen Blick auf die Zeit der frühen 70er-Jahre der Bundesrepublik Deutschland, ohne dabei die Täter zu glorifizieren", begründete die Jury ihre Entscheidung. Auch international hofft die Constantin Film nun auf Erfolg. Der Film sei bereits weltweit in die wichtigsten Regionen verkauft, hieß es.
„Wir werden den Opfern gerecht“
Dass das RAF-Drama Überlebende des Terrors und ihre Familien in ihren Gefühlen verletzen könnte, glaubt Regisseur Edel nicht. "Den meisten Opfern und Angehörigen haben wir den Film schon gezeigt, weil wir ihre Meinung vorher hören wollten", sagte er. "Ich war ganz überrascht, wie positiv ihre Reaktionen darauf ausfielen." Auch Aust, auf dessen Buch der Film basiert, sieht die Interessen der Leidtragenden gewahrt. "Ich glaube, dass wir gerade den Opfern in diesem Film gerecht werden, indem wir zeigen, was Terrorismus ist, wie er aussieht." Das werde sehr drastisch gezeigt, "und ich glaube das ist auch nötig", sagte der frühere "Spiegel"-Chef.
Verstörende Kaltblütigkeit
Der packende Streifen erzählt, wie sich die RAF rund um Andreas Baader (Bleibtreu), Ulrike Meinhof (Gedeck) und Gudrun Ensslin (Wokalek) findet und in die Radikalität abgleitet. Die Zeitspanne reicht vom Tod des Studenten Benno Ohnesorg im Juni 1967 bis zur Entführung der Lufthansa-Maschine Landshut und der Ermordung des Arbeitgeber-Präsidenten Hanns Martin Schleyer im Oktober 1977. Mit schnellen Schnitten, vielen eingeblendeten Originalaufnahmen aus Film und Fernsehen und drastischen Mordszenen zieht der Streifen in seinen Bann. Verstörend wirkt die Kaltblütigkeit, mit der die Protagonisten ihrem Hass freie Bahn lassen und Opfer mit Schüssen regelrecht durchsieben.
Schon in den vergangenen Tagen hatte der zweieinhalb Stunden lange Streifen für Diskussionen gesorgt. Regisseur Edel hatte in einem Interview verkündet, dass Ex-Terroristen ihm verraten hätten, wer Schleyer erschossen habe. Während die Bundesanwaltschaft unter Verweis auf laufende Ermittlungen in dem noch ungeklärten Mordfall schwieg, zeigte sich Edel von den Reaktionen auf seine Äußerung überrascht. Er kenne die Mörder selbst nicht. "Was ich erfahren habe, stand auch schon groß im Spiegel vor einem Jahr." Auch Aust habe dies schon in einer Fernseh-Dokumentation wiedergegeben.
„Sind das noch dieselben Leute?“
Für Edel waren die Dreharbeiten ein Stück Erinnerungsarbeit. "Es war ja doch eine Zeit, die man emotional stark miterlebt hat", beschrieb er. Anfangs habe ihm die RAF noch Respekt abgerungen. "Das ging bis 1972, bis die ersten Bomben explodierten, bis die ersten Toten und Schwerverletzten rumlagen. Dann kam die große Ernüchterung, und wir fragten uns: sind das noch dieselben Leute?" Martina Gedeck empfand bei den Dreharbeiten vor allem das Waffentraining als schwierig. "Ich mag Waffen nicht, ich mag Waffen auch nicht anfassen", sagte die Meinhof-Darstellerin. Es sei erstaunlich, dass die Terroristen damals so selbstverständlich damit umgegangen seien.
Bruno Ganz, der im Film als der Leiter des Bundeskriminalamtes Horst Herold die Terroristen verfolgt, hatte die Geschehnisse damals in Deutschland hautnah miterlebt. "Ich habe in Berlin gelebt, als alles anfing, aber die großen Sympathien, die man hatte, sind schon abgebröckelt mit der Zeit", erinnerte sich der Schweizer.
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