Düstere Kultcombo

The Cure: “4:13 Dream”

Musik
01.11.2008 20:27
Nachdem sie in den letzten Monaten den halben Planeten mit fabelhaften Konzerterlebnissen eingedeckt haben, gibt's jetzt ein neues Album: The Cure bringen mit "4:13 Dream" das dreizehnte Studio-Oeuvre ihrer schon über 30 Jahre währenden Karriere. Robert Smith und Co. bleiben sich mit der neuen Platte einmal mehr selbst treu.
(Bild: kmm)

Beim Jammern ist Cure-Frontmann Robert Smith für gewöhnlich ganz vorn dabei. Und im Vorfeld der Veröffentlichung von "4:13 Dream" gab es diesmal besonders viel zu jammern: 33 Songs hatte die nunmehr auf ein Quartett geschrumpfte Band seit 2006 für ein Doppelalbum aufgenommen, das im Frühling erscheinen hätte sollen. Daraus wurde schlussendlich ein Longplayer mit "nur" 13 Tracks, dessen Release so oft verschoben wurde, dass man bis zum Erscheinungsdatum am 24. Oktober vier Singles inklusive Non-Album-B-Sides und eine EP mit Remixen der Auskoppelungen draußen hatte - eine verdammt schwere Geburt. Aber "Boys don't cry", Rob! Jetzt ist das gute Stück ja da.

The Cure, die düstere Combo mit ihrem zerzausten und stets todtraurig dreinblickenden Frontmann, hat man in ihrer gut 30-jährigen Schaffenszeit mit "Post-Punk", "Dark Wave" und "Gothic Rock" umschrieben - oder in jüngerer Vergangenheit schlicht "Gruftis" genannt. Letzteres war etwa während der heurigen Tour mehrmals zu lesen. Auf "4:13 Dream" möchte man Robert Smith, Bassist Simon Gallup, Gitarrist Porl Thompson und Drummer Jason Cooper am ehesten "Groovtis" - ein Wortspiel aus Grufti und Groove - nennen. Von der undurchsichtigen Klangwolke beim Opener "Underneath The Stars" über prägnante, treibende Songs ("Freakshow"), verträumte Balladen ("Sirensong") bis zum ekstatischen Finale mit "The Scream" und "It's Over" bleibt die rhythmische Vielfalt konstant. Soll heißen: Die Songs sind sich bis auf Smiths vertraute Stimme alles andere als ähnlich - mal poltert's, mal fließt's, mal rauscht's auch nur. Die fehlenden bzw. nur zart von Multiinstrumentalist Smith eingestreuten Keyboards - "4:13 Dream" ist das erste Studioalbum der letzten 20 Cure-Jahre ohne dezidierten Tastenmenschen in der Band - geben der Platte zudem einen rockigeren Touch.

Beim ersten Durchhören wirkt "4:13 Dream" dadurch etwas zerpflückt. Was aber auch daran liegt, dass einige Songs schon vor über zwanzig Jahren geschrieben wurden: "Sleep When I'm Dead" - die dritte Single - ist Jahrgang 1985, klingt in der Tat ein bisschen nach New Wave und steht mit den melodischen, urtypisch nach Cure klingenden Songs wie "The Only One" oder "The Perfect Boy" auf Kriegsfuß. Anders als große Teile der jüngeren Cure-Diskografie ist "4:13 Dream" damit keine Platte, zu der man im Finsteren die Seele baumeln lassen oder Liebesbriefe mit Tränenwölkchen auf den dramatischsten Passagen schreiben kann; vor allem nicht wegen ihres untypisch furiosen Finales. Sie regt an ihren rockigeren Stellen zum Granteln an, die wohldosierten Mitsing-Refrains an den poppigen Stellen lassen Euphorie aufkommen. Hat man das Album ein paar Mal intus und die Freude am Gitarren-lastigeren Sound gefunden, gilt es folgendes mit befriedigten Ohren festzustellen: Nach gut 30 Jahren ist The Cure immer noch unverkennbar The Cure. Für Fans gibt es keinen Grund, "4:13 Dream" nach der langen Wartezeit nicht mit offenen Armen zu empfangen.

8,5 von 10 "Groovtis"

Von Christoph Andert

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