Lübeck gegen Mitte des 19. Jahrhunderts: Die Hansestadt ist stolze Kulisse für den Handel wohlhabender Bürger. Die alteingesessene Kaufmannsfamilie Buddenbrook, als deren Oberhaupt Konsul Jean firmiert, ein Patriarch geformt von unbeugsamen Prinzipien, das Feuer wacher Intelligenz im blassblauen Blick, hat ihr Glück über Generationen im Getreidehandel gemacht. Firma und Familie sind untrennbar miteinander verbunden. Persönliche Bedürfnisse werden auf dem Altar großbürgerlicher Einsicht geopfert.
So ist der Lebensweg der drei Buddenbrook-Erben vorbestimmt. Die Söhne Christian und Thomas fügen sich in den Kaufmannsstand, für die lebensfrohe Tochter Tony hält man nach einer guten Partie Ausschau. Zwei Verbindungen werden fehlschlagen, zum einen, weil sich das Herz nicht betrügen lässt, zum anderen, weil die Tochter des Konsuls einem betrügerischen Mitgiftjäger, einem gewissen Grünlich, in die Arme getrieben wird...
Abstieg der Buddenbrooks
Mit dem Ableben des Konsuls beginnt der Stern der einst strahlenden und hofierten Patrizierfamilie, die am alles regierenden Lebenskonflikt zwischen geschäftlicher Räson - "Wir sind Glieder einer Kette..." - und dem verzweifelten Ringen um persönliches Glück peu à peu zerbricht, zu sinken...
Ein nie beigelegter Streit zwischen den Brüdern eskaliert. Eine gigantische Fehlinvestition von 50.000 Kurantmark, Krankheit und Tod schwächen den Getreideadel der Buddenbrooks. Die Härte um der Halme wegen hatte sie ausgelaugt. Sie alle.
Mann-Kenner Breloer realisiert bewegenden Ensemblefilm
Regisseur Heinrich Breloer, Grimme-Preisträger und ein ausgewiesener Mann-Kenner ("Die Manns - Ein Jahrhundertroman"), hat einen zutiefst bewegenden Ensemblefilm über den Aufstieg und Fall der deutschen Buddenbrook-Familie an der Zeitwende zur Moderne geschaffen, - auf den Spuren eines Jahrhundertromans, der als Thomas Manns Erstlingswerk solcher Dimension maßgeblich an der Verleihung des Nobelpreises für Literatur an Letzteren beitrug.
Ein schriftstellerisches Sittenbild zudem, dem in Person und Rolle nicht so leicht zu entsprechen sein würde. Doch Breloers Besetzungsliste darf als Glückfall großen Kinos gefeiert werden, mit dem großartigen Armin Mueller-Stahl als Konsul Jean Buddenbrook und zentrale Figur, die auch Elemente vom Vater und Großvaters Thomas Manns, selbst Abkömmling einer elitären Lübecker Kaufmannsdynastie, in sich trägt. Mit Iris Berben als Konsulin Bethsy zwischen gesellschaftlichem Korsett und sanfter Revolte, Mark Waschke, August Diehl und Jessica Schwarz als die Buddenbrook-Kinder Thomas, Christian und Tony fand dieses fulminante, größtenteils an Originalschauplätzen an der Trave gedrehte Historientableau seine Idealbesetzung.
Nina Proll als Aline Puvogel
Die ätherische Schönheit Sunny Melles überzeugt als Senatorin Möllendorpf, Nina Proll amüsiert als kokette Versuchung vom Varieté Aline Puvogel. Léa Bosco, französischer Serienstar, betört als rotblonde botticelleske Künstlernatur Gerda Buddenbrook an der Seite von Sohn Thomas. Das dem vergangenen Jahrhundert angepasste flackernde Kerzenlicht und der sanftwarme Schimmer von Petroleumlampen schmeicheln den schönen Frauenantlitzen der nun verfilmten Familienchronik ungemein, wiewohl auch die kostbaren und raffiniert drapierten Roben der Damenwelt modische Grandezza verleihen.
Armin Mueller-Stahl, der große Charismatiker, lieh sei Gesicht bereits Thomas Mann in "Die Manns" und nun Jean Buddenbrook. Wann ist er mit Thomas Manns berühmten Roman zum ersten Mal in Berührung gekommen? Armin Mueller-Stahl: "Als ich 18 war, im Krankenhaus. Mir wurden die Mandeln raus genommen und da habe ich 'Buddenbrooks' gelesen! Siegen und Scheitern ist das Schicksal vieler Industrieller, nicht nur in der damaligen, sondern auch in der heutigen Zeit. Insofern ist solch eine Geschichte auch zeitlos!" ("Buddenbrooks", ab 26. Dezember im Kino)
Christina Krisch, Kronen Zeitung
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