Schmitz tot

“Geburtshelfer” der Hartwährungspolitik gestorben

Wien
16.11.2008 14:34
Der ehemalige Finanzminister Wolfgang Schmitz ist nach langer, schwerer Krankheit in der Nacht auf heute, Sonntag, 85-jährig in Wien gestorben. Als Mitglied der ÖVP-Alleinregierung von 1964 bis 1968 unter dem damaligen Bundeskanzler Josef Klaus war Schmitz ein Wegbereiter der österreichischen Hartwährungspolitik.

1968 wurde Schmitz zum Nationalbankchef bestellt - unter Schmitz' Ägide ging die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) als erste Notenbank zu einer Bindung des Schilling an eine Korbwährung über. Die nach unten floatenden Währungen wurden aus dem Korb herausgenommen, so dass letztlich nur die Deutsche Mark übrig blieb. Die österreichische Hartwährungspolitik, die nicht immer unumstritten war, aber die heimische Wirtschaft international wettbewerbsstark gemacht hat, war geboren.

Vorausschauende Budgetpolitik
Als Finanzminister führte Schmitz als eine seiner ersten Maßnahmen die längerfristige Ausrichtung der Budgetpolitik durch die Erstellung einer "Budgetvorschau" ein. Sie wurde ab 1964 von seinem Ressort, danach vom Beirat für Wirtschafts- und Sozialfragen und später wieder vom Finanzministerium als Budgetprognose, dann ab 1995 als Budgetprogramm für die Legislaturperiode weitergeführt. Schmitz war auch der erste Vorsitzende des Beirats nach dessen Gründung im Jahr 1963. Als 1967 ein Konjunkturrückschlag sichtbar wurde, kürzte Schmitz die Ausgaben und Investitionen nicht, sondern ließ die durch das entstehende Defizit aufgetretenen "automatischen Stabilisatoren" wirken. Eine Steuerreform unter Schmitz brachte eine Steuersenkung und eine familiengerechte Progression, die aber unter seinen Nachfolgern wieder sukzessive abgeschafft wurde.

Wegbereiter des "FLAF"
Wirtschaftspolitisch war Schmitz, ehemals Mitarbeiter von Finanzminister Reinhard Kamitz, dem Begründer des legendären "Raab-Kamitz-Kurses" in der Wiederaufbauzeit, ein "Wirtschaftsliberaler" aus dem Umfeld der Katholischen Soziallehre. Das Modell einer "sozialen Marktwirtschaft" setzte Schmitz nicht zuletzt in der Familienpolitik um. Lange vor seiner Ministerschaft hatte er bereits als Leiter der zuständigen Arbeitsgruppe des Dr. Karl-Kummer-Instituts für Sozialpolitik und Sozialreform die Grundkonzeption des Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) von 1954 ausgearbeitet.

Tätigkeit als Herausgeber
Der gebürtige Wiener Schmitz hat Wirtschaftswissenschaften in Wien, Fribourg (Schweiz) und Leuven (Belgien) studiert, ehe er 1963 zum Leiter der Wirtschaftspolitischen Abteilung in der Bundeswirtschaftskammer, der heutigen Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), bestellt wurde, die er nach seinem Ausscheiden als Nationalbankchef im Jahr 1973 wieder in währungspolitischen Fragen beriet. Von 1976 bis Anfang 2003 war Schmitz Mitherausgeber der Wochenzeitschrift "Die Furche".

Reaktionen
ÖVP-Finanzminister Wilhelm Molterer würdigt Schmitz als einen "wirtschafts- und finanzpolitischen Vordenker", ÖVP-Bundesparteiobmann Josef Pröll nennt Schmitz einen "christlichsozialen Vordenker" und "profunden Finanzexperten". Betroffen über Schmitz' Ableben zeigen sich auch Wissenschaftsminister Johannes Hahn, die Wirtschaftskammer Österreich sowie die Fraktion christlicher Gewerkschafter.

Loading...
00:00 / 00:00
Abspielen
Schließen
Aufklappen
Loading...
Vorige 10 Sekunden
Zum Vorigen Wechseln
Abspielen
Zum Nächsten Wechseln
Nächste 10 Sekunden
00:00
00:00
1.0x Geschwindigkeit
Loading
Kommentare

Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.

Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.

Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.



Kostenlose Spiele
Vorteilswelt