Bombay-Anschläge
Spuren der Attentäter weisen nach Pakistan
Die USA stützen die These Indiens, das die Drahtzieher der Anschlagserie in Pakistan vermutet und die Auslieferung von 20 Verdächtigen fordert. Laut einem Bericht von ABCNews.com sollen US-Geheimdienstler ihre indischen Kollegen bereits Mitte Oktober über einen möglichen Angriff informiert haben. Dabei sei es auch um das Taj Mahal Hotel gegangen, berichtete die Nachrichtenseite unter Berufung auf nicht näher genannte Kreise. Die US-Regierung äußerte sich nicht zu dem Bericht, bestätigten aber, dass vor den Anschlägen Warnungen weitergereicht worden seien.
Pakistan hat die indischen Vorwürfe zurückgewiesen und seinem Nachbarland Hilfe bei den Ermittlungen angeboten. US-Außenministerin Condoleezza Rice flog am Dienstag nach Neu Delhi, um die Spannungen zwischen den beiden atomar bewaffneten Mächten zu lockern. Indien und Pakistan haben seit ihrer Unabhängigkeit vor 61 Jahren drei Mal Krieg gegeneinander geführt.
US-Armeechef Mullen "in Region um Indien"
Die Aussage von Gates nährte Spekulationen über ein militärisches Eingreifen der Vereinigten Staaten in Pakistan. Aus US-Regierungskreisen war nämlich zuvor verlautet, dass nach dem Anschlag viele Spuren zu pakistanischen Extremisten führten. Die US-Armee führt schon seit Monaten immer wieder einseitig Operationen gegen mutmaßliche Terrorverstecke in Pakistan durch, weil sie der Regierung in Islamabad vorwirft, den Terrorismus im eigenen Land zu wenig energisch zu bekämpfen.
Attentäter waren im Drogenrausch
Die zehn Attentäter hatten vergangene Woche bei ihrem beispiellosen Sturmlauf durch Bombay mehr als 180 Menschen getötet, darunter mindestens einen Deutschen. Mehr als 60 Stunden haben die Terroristen die indische Millionenmetropole in Atem gehalten. Durchhalten konnten sie die Gewaltorgie laut einem Zeitungsbericht des britischen "Daily Telegraph" mit Hilfe von Drogen.
An den Anschlagsorten in Bombay fanden die Ermittler mehrere aufputschende Substanzen - etwa Spuren von LSD und Kokain. Auch im Blut der Terroristen seien Aufputschmittel nachgewiesen worden, sagten indische Behördenvertreter. Zudem hätten sich die Angreifer, die wohl in Pakistan trainiert wurden, durch Steroide in Form gebracht. Einer der Terroristen habe trotz einer lebensbedrohlichen Infektion weiter gekämpft.
Polizei identifiziert Drahtzieher
Laut einem US-Zeitungsbericht geht die indische Polizei inzwischen davon aus, dass einer der Chefs der pakistanischen Gruppe Lashkar-e-Taiba der Drahtzieher der Anschläge von Bombay gewesen ist. Wie das "Wall Street Journal" am Dienstag unter Berufung auf ungenannte Polizeiquellen berichtete, soll Yusuf Muzammil per Satelliten-Telefon zwei Tage vor den Attacken mit den Angreifern gesprochen haben.
In einem weiteren Telefon, das in einem entführten Fischerboot gefunden wurde, sollen zudem sein Name sowie die Namen von vier weiteren Rebellenführern gespeichert gewesen sein. Von der indischen Polizei war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Der einzig überlebende Angreifer hatte bei Verhören ausgesagt, dass alle Angreifer pakistanische Staatsbürger gewesen seien, wie mehrere indische Zeitungen unter Berufung auf Geheimdienstkreise berichteten. Der Festgenommene gab demnach an, dass alle Kämpfer von der Rebellengruppe Lashkar-e-Taiba trainiert worden seien.
Indien fordert Auslieferungen
Als Reaktion auf die Anschläge verlangt Indien von Pakistan die Auslieferung von rund 20 Terrorismusverdächtigen. Diese Forderung sei in einer am Montag übergebenen Protestnote enthalten, sagte Außenminister Pranab Mukherjee. Pakistan müsse auf seinem Territorium Personen, die von der indischen Justiz gesucht würden, festnehmen und ausliefern. Pakistan wird die Bitte nach den Worten von Informationsministerin Sherry Rehman prüfen. Indiens Außenministerium hatte am Montag betont, wenn Pakistan wie erklärt eine qualitativ neue Beziehung anstrebe, müsse es entsprechend handeln.
Meistgesuchter Mann Indiens
Zu den von der Regierung in Neu-Delhi benannten Verdächtigen gehört Medienberichten zufolge auch der meistgesuchte Mann Indiens, Dawood Ibrahim. Er wird für die Bombenanschläge in Bombay im Jahr 1993 verantwortlich gemacht, bei denen mindestens 250 Menschen getötet wurden. In Berichten ist er aber auch mit der jüngsten Anschlagsserie in der Finanzmetropole in Verbindung gebracht worden. Außerdem soll auf der Liste der pakistanische Geistliche Maulana Masood stehen, der als Geldgeber der Extremistengruppe Lashkar-e-Taiba gilt. Der Organisation wird der Anschlag auf das indische Parlament 2001 angelastet. Indischen Ermittlern zufolge solle sie auch die Täter der jüngsten Anschläge in Bombay ausgebildet haben.
Israelis nehmen Abschied von Terroropfern
Tausende von Israelis haben am Dienstag Abschied von sechs Opfern des Anschlags auf ein jüdisches Gemeindezentrum in Bombay genommen. Die Trauerzeremonie begann bei Tel Aviv in einem Dorf der strengreligiösen Chabad-Bewegung, zu der das am Mittwoch angegriffene Zentrum gehörte. An der Beisetzung von Rivka (26) und Gavriel (29) Holtzberg, die das Zentrum seit 2003 leiteten, nahmen in Jerusalem auch Staatspräsident Shimon Peres, Verteidigungsminister Ehud Barak und Oppositionsführer Benjamin Netanyahu teil.
Die Leichen der sechs Opfer waren am späten Montagabend an Bord einer Maschine der israelischen Luftwaffe auf dem internationalen Flughafen Ben Gurion eingetroffen. An Bord waren auch der zweijährige Moshe Holtzberg und seine indische Kinderfrau, die ihn aus dem besetzten Haus gerettet hatte.
Einer der Chabad-Anführer, Moshe Kotlarski, sagte während der Trauerfeier, das jüdische Gemeindezentrum in Bombay solle restauriert, nach dem getöteten Holtzberg-Ehepaar benannt und wieder in Betrieb genommen werden. An die Adresse des überlebenden Kleinkindes sagte er: "Moishi, du hast keinen Vater und keine Mutter mehr, die dich im Arm halten, die dich drücken und küssen können. Du bist jetzt das Kind des ganzen Volkes Israel." Staatspräsident Peres rief während der Andacht zum weltweiten Kampf gegen den Terror auf.
Verheerende Terror-Serie
Vermutlich islamistische Attentäter hatten am Mittwoch vergangener Woche in einer verheerenden Terrorserie insgesamt zehn Ziele in Bombay angegriffen, darunter das jüdische Gemeindezentrum. Die Terroristen töteten nach offiziellen Angaben 188 Menschen, mehr als 300 wurden verletzt.
Die Anschläge belasten die zuletzt etwas entspannten Beziehungen zwischen den beiden Atommächten und mehrfachen Kriegsgegnern schwer. Pakistan hat Indien aufgefordert, eine Konfrontation zu vermeiden, und bot seine Kooperation an.
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