Man mag mir vorwerfen, es sei weit hergeholt, aber irgendwie erinnern mich die Türen an den Mini Clubman. Auch wenn zwischen den beiden Autos Welten liegen. Und ca. 2.000 Liter Gepäck. Schon deshalb tut man dem Dacia Unrecht, wenn man ihn mit dem Mini vergleicht, denn in den Rumänen passt jede Menge Gepäck – oder sieben Personen.
Fast alles da, was man braucht
Es überrascht mich, wie wenig billig der Innenraum anmutet. Klar, man merkt dem Dacia an, dass hier gespart wurde, hier ist alles ein bisschen „back tot he roots“. So sind die Knöpfe für die elektrischen Fensterheber in der Mittelkonsole (vorne) bzw. hinter der Handbremse (hinten), die elektrische Spiegelverstellung vor der Handbremse, damit die Türen nicht aufwändig verkabelt werden müssen. Aber fällt dir was auf? Es gibt hier elektrische Fensterheber und ebensolche Spiegelverstellung! Gegen Aufpreis zwar, aber immerhin! Dazu Klimaanlage, MP3-Radio, Lederlenkrad, Bord-Computer, Metallic-Lackierung und sieben Sitze. Dazu einen Kofferraum, der bis zu 2.350 Liter fasst, in Fünfsitzer-Konfiguration sind es sage und schreibe 700 Liter!
Kleine Sparlehre
Das Radio ist natürlich kein Luxus-Sound-System, sondern ein klassisches eingebautes Blaupunkt-Radio (wie es früher mal in allen Autos üblich war, statt den integrierten Radios) mit mäßigem Klang und fummeliger Bedienung und abnehmbarer Frontblende. Die vierstufige Lüftung ist recht laut, vor allem weil sie schon in Stufe 1 sehr stark bläst. Dafür arbeitet die Heizung brav, wenn auch der Fußraum unterversorgt bleibt. Die Fensterheber wollen gehalten werden, bis die Scheibe ganz oben oder unten ist. Die Hupe tönt erstaunlich selbstbewusst, versteckt sich aber im Blinkerhebel, der natürlich beim Antippen nicht selbsttätig dreimal blinkt. Auch der Scheibenwischer lässt einen Tippkontakt vermissen, der Heckwischer hat keine Intervallschaltung.
Der Testwagen in der beinahe noblen Lauréate-Ausstattung, zu der unter anderem eine Funkfernbedienung für die Zentralverriegelung und der Bordcomputer gehören, ist mit einem 1,6-Liter-Benziner ausgestattet, der 105 PS leistet und immerhin 148 Nm Richtung Vorderräder schickt. Damit ist man wirklich flott unterwegs. 11,8 Sekunden von Null auf 100, Höchsttempo 174 km/h. Im Schnitt habe ich 8 bis neun Liter verbraucht, je nachdem, wie viel Stadtverkehr dabei war.
Vereinsmeister statt Clubman
Der Logan fährt sich zwar logischerweise nicht wie ein Mini, aber das Fahrwerk ist unkompliziert und macht brav, was es soll: Der 4,47 Meter lange Dacia liegt auch bei hohem Tempo gut, der lange Radstand von 2,90 Metern macht sich positiv bemerkbar. Aber es macht auch Spaß, um Ecken zu räubern. Die Lenkung ist zielgenau genug und das Getriebe ganz gut zu schalten, obwohl es ein wenig hakelig ist. Einen sechsten Gang habe ich häufig vermisst, aber das wäre bei einem Billigauto wirklich zu viel verlangt. Wobei von Billigauto beim Fahren gar nicht viel zu merken ist, sogar auf dem ärgsten Kopfsteinpflaster kommen keine Geräusche aus dem Gebälk.
Reihe drei ist gut für Yogis
Ich sitze recht bequem, habe mit meinen 1,88 m ausreichend Platz, würde mir allerdings ein Lenkrad wünschen, das sich auch axial verschieben lässt. Platz ist auch viel im Handschuhfach wie auch in den Türen, wo ich sogar meine große CD-Mappe unterbringe. Das klappt auch in vielen großen teuren Autos nicht! Für Hinterbänkler gibt es den besonderen Clou: ein geräumiges Ablagefach unterm Dach.
In Reihe zwei ist es zu dritt eng, zu zweit ist's okay, in Sachen Beinfreiheit muss man sich mit Reihe eins absprechen. Reihe drei ist von den Platzverhältnissen her erstaunlich passabel, nur der Ein- und Ausstieg geht nicht ohne extreme Verrenkungen vonstatten. Yogis bevorzugt. Gut fürs Raumgefühl auf allen Plätzen ist, dass der Innenraum extrem hoch ist.
Variabilität ist alles
Die beiden ganz hinteren Sitze lassen sich watscheneinfach aufstellen (im Verhältnis 1/2:1/2) oder ausbauen, Reihe zwei lässt sich 2:3 nach vorn klappen. Dann steht eine ballsaalartige Ladefläche zur Verfügung, die leider sehr uneben ist. In den beiden Hecktüren befindet sich jeweils ein zusätzliches Fach.
ESP Fehlanzeige
Ein dickes Manko soll aber unterstrichen werden: ESP ist bei Dacia aber weder für Geld noch gute Worte zu bekommen. Also auch hier etwas „back to he roots“, in Zeiten, als das Fahrstabilitätsprogramm noch nicht üblich war. Dabei heißt es im Prospekt großspurig: „Das Sicherheitsniveau sollte immer optimal sein.“
Serienmäßig vorhanden sind dagegen ABS und Bremsassistent, zwei (gegen Aufpreis vier) Airbags und zwei Isofix-Plätze in der zweiten Reihe. Preis des topausgestatteten Testwagens: 14.700 Euro. Der Logan Kombi ist mit 75 PS bereits ab 8.990 Euro erhältlich – dann hat er aber nicht einmal einen Heckscheibenwischer.
Fazit:
Eines ist klar: Der Dacia ist kein modernes Auto, sondern ein einfaches auf einem Niveau, wie es vor einigen Jahren war. Sein Preis-Leistungs-Verhältnis ist aber unschlagbar - und er ist eine gute Charakterschule, denn Status bietet er nicht. Oder wie es Roland Düringer ausdrückt: „Wannst im Dacia zum Eissalon foast und do steigt da ane ei, di wü diiii!“
Stephan Schätzl
Warum?
Warum nicht?
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