Das freut sowohl Lunacek als auch die grüne Bundessprecherin Eva Glawischnig überhaupt nicht. Glawischnig sprach von einer "100-Prozent-Kehrtwende" von Voggenhuber und zeigte sich skeptisch über die angekündigte Solidaritätskandidatur. "Ich weiß nicht, was das bringen soll. Ich habe keine Lust auf interne Streitereien bis Ende Juni".
Hintergrund der Aufregung ist, dass Voggenhuber nach seiner überraschenden Niederlage gegen Lunacek mit einer Solidaritätskandidatur praktisch das Feld von hinten aufrollen kann. Erhält er nämlich mindestens sieben Prozent Vorzugsstimmen - auch wenn Voggenhuber selbst ankündigte, keinen Vorzugsstimmenwahlkampf betreiben zu wollen - und die anderen Kandidaten weniger Zuspruch auf dem Stimmzettel, würde der EU-Abgeordnete dann sogar an den ersten Platz gereiht werden. Sollten die Grünen bei den EU-Wahlen statt bisher zwei nur mehr ein Mandat haben, wäre in so einem Fall wieder Voggenhuber im Europaparlament, obwohl er nicht auf wählbarer Stelle der grünen EU-Liste gereiht ist. Dies sieht das EU-Wahlrecht so vor.
Erweiterter Bundesvorstand entscheidet
Dem wollen nun offenbar die Grünen in Wien zuvorkommen. Darüber, wer wirklich auf die Liste als Solidaritätskandidat kommt, wird der Erweiterte Bundesvorstand (EBV) offenbar schon diesen Freitag entscheiden. Voggenhuber hatte zuvor gemeint, er strebe den letzten Platz an, das wäre bis dato der 16. Ob das rund 30-köpfige Gremium Voggenhuber gewogen ist oder eher der Parteispitze, ist nicht ganz abzusehen. Nach derzeitigem Stand dürfte Voggenhuber aber nicht so große Chancen haben.
Verhalten kritisch zeigte sich auch Lunacek. "Jetzt ändert Voggenhuber seine Meinung, aber mehr sage ich dazu nicht", meinte sie. Lediglich die von Grippe ins Bett gezwungene zweite EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger hatte positive Worte für Voggenhuber übrig: "Bis jetzt hat er sich wie ein Gentleman verhalten. Ich hoffe, dass das auch so bleibt", wobei sie konzedierte, dass der EU-Abgeordnete "sehr enttäuscht" sei, weil für ihn die europäische Frage "Herz und Seele" habe.
Voggenhuber als Europasprecher zurückgetreten
Voggenhuber hatte bei einer eigens einberufenen Pressekonferenz in Brüssel angekündigt, als Europasprecher sofort zurückzutreten. Im EBV wolle er auch nicht mehr vertreten sein und schließlich strebe er eine Solidaritätskandidatur an, um den EU-Wahlkampf der Grünen zu unterstützen. Obwohl er einen Vorzugsstimmenwahlkampf für sich ausschloss, liebäugelt Voggenhuber offenbar doch damit, genügend Zuspruch zu erhalten und damit Lunacek noch zu überrunden. Andernfalls "ist es jedenfalls der Abschied aus der Parteipolitik" und "dann ist ein einigermaßen langes politisches Leben auch zu Ende gegangen".
Hohn von FPÖ und BZÖ
Mit Hohn für die Grünen hat der freiheitliche EU-Mandatar Andreas Mölzer auf die Ankündigung Voggenhubers, doch bei der EU-Wahl antreten zu wollen, reagiert. Er verwies auf seinen eigenen Vorzugsstimmenwahlkampf 2004, der "der Beginn des Abspaltungsprozesses des BZÖ" gewesen sei. Es sei Voggenhuber ein erfolgreicher Wahlkampf zu wünschen, was auch bei den Grünen zu einer Parteispaltung führen würde.
BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz wiederum ortet angesichts der von Voggenhuber angekündigten Solidaritätskandidatur eine "Demontage" der Bundessprecherin Eva Glawischnig. Das Chaos um die Listenerstellung der Grünen könnte bedeuten, dass bei genügend Vorzugsstimmen für Voggenhuber die Glawischnig-Kandidatin Lunacek ins "politische Nirwana" gesendet werde.
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