Sein Oscar-nominierter Randy „The Ram“ Robinson ist schon jetzt einer der legendärsten Charaktere der US-Filmgeschichte. Als müder Krieger, der seine einstige Vitalität längst eingebüßt hat, steigt er immer noch in den Ring, bis sein Herz streikt. Ein trister Job im Supermarkt hält ihn über Wasser. Und voll unbeholfner Zärtlichkeit nähert er sich dem zarten Pflänzchen Liebe. Gesteht gar seiner Tochter gegenüber seine Fehler ein, um dann doch wieder alles kaputt zu machen.
Mickey Rourke spielt dieses faszinierende Porträt mit einer Verletzlichkeit, die man ihm nicht zugetraut hätte, war doch noch in „Sin City“ (2005) nur gespenstische Karikatur seiner selbst. Doch diese wahrhaftige Studie eines Mannes, der mit Haut und Haar Kämpfer ist - auf allen Ebenen -, macht ihn groß und spiegelt zugleich die Tragik seines eigen Lebens. Denn auch Rourkes Fallhöhe war hoch.
Tief gefallen - und wieder aufgestanden
Als 32-Jähriger, in „Der Pate von Greeenwich Village“, trug er noch das unversehrte Antlitz eines Mafia-Dandys im Nadelstreif. Mit dem Erotik-Drama „9 1/2 Wochen“ wurde er 1986 an der Seite von Kim Basinger zum Weltstar. Endlich wusste die sexinteressierte Mittelschicht, dass man Erdbeeren auch anders als mit Staubzucker essen konnte! Mit Robert de Niro brillierte er 1987 in dem Thriller „Angel Heart“. Er war der Typ Mann, der Frauen eher aus dem Rock als aus dem Mantel half. Und dann stieg er in den Ring, bestritt als Profiboxer zwischen 1991 und 1994 acht Kämpfe - ohne Niederlage. Und ging doch k. o. Es folgten Polizeifotos, das Ende seiner Ehe mit Carré Otis wegen häuslicher Gewalt.
Irgendwann sah Mickeys Gesicht nur noch wie ein ungemachtes Bett aus - zerwühlt und ungemacht, war verquollenes Terrain mittelmäßiger Flicker in Weiß der wiederherstellenden Chirurgie. Da hatte Rourke schon längst beschlossen, sich zu ruinieren. In seinem Blick flackerte die Selbstzerstörung, letzter Brandherd der Ausgebranntheit. Er hatte das Versprechen gebrochen, das er sich als junger Schauspieler selbst gegeben hatte: Immer so gut zu sein, wie er es eben konnte. Mit „The Wrestler“ holt er dieses Versprechen nach, wächst über sich hinaus. Weil er die Momente beschämender Gottverlassenheit kennt. Einer, der nicht mehr wusste, wohin er eigentlich navigierte, ist wieder auf Kurs. („The Wrestler“ , ab 2. Februar im Kino).
Von Christina Krisch, Kronen Zeitung
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