Aus Protest gegen die Schließung des Standortes ist die Postbus-Personalvertretung mit 150 Kollegen zur Aufsichtsratssitzung gekommen (Bild). Sie fürchtet den Verlust von 180 Arbeitsplätzen und mittelfristig eine "Zerschlagung des Postbusses". Bei einer Kundgebung vor der Sitzung erklärten sich Arbeiterkammer-Präsident Herbert Tumpel, Postgewerkschaftschef Gerhard Fritz und der ÖGB (Österreichischer Gewerkschaftsbund) solidarisch mit der Postbus-Belegschaft und forderten das Management auf, "in Zeiten hoher Arbeitslosigkeit nicht noch weiter sinnlos Arbeitsplätze zu vernichten", heißt es seitens der Personalvertretung.
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"Blasen sie den Wahnsinn ab"
Die Schließung der Postbus-Werkstätte koste den Eigentümer ÖBB rund fünf Millionen Euro jährlich, warnte am Montag die Gewerkschaft. 180 Arbeitsplätze würden auf dem Spiel stehen, das Durchschnittsalter der Beschäftigten liege bei 50 Jahren, warnte Fritz. Der oberste Postbusgewerkschafter Robert Wurm ergänzte: "Die 900.000 Euro Defizit sind genau die Summe, die wir den ÖBB als Miete überweisen." Hingegen heißt es von den ÖBB, Erdberg sei für 2.000 Busse gebaut worden, nun stehen dort 50. "Blasen sie den Wahnsinn ab", wettert hingegen Fritz in Richtung Aufsichtsrat.
Einrichtung ist überdimensioniert
In einem Hintergrund-Gespräch am Montagabend verteidigte Postbus-Geschäftsführer Christian Eder erneut das Vorhaben des seit 2005 zum ÖBB-Konzern gehörenden Busunternehmens: "Wir servicieren dort 50 Busse, 3 Prozent der Gesamtsumme, müssen dafür aber 20 Prozent aller Werkstattkosten aufwenden." Die heute überdimensionierte Einrichtung hatte ursprünglich dazu gedient, die gesamte Fahrzeugflotte der Post zu warten. Ab Mitte des Jahres wird mit der Verlegung begonnen, gegen Jahresende soll Erdberg geräumt sein. Danach wird das Areal verkauft oder "anderweitig genutzt".
Von den 156 Beschäftigten des Standorts sind laut Management 94 Fahrer, für die sich nichts ändert, außer dass sie ihren Bus nach Dienstende woanders abstellen müssen. Vom Rest - hauptsächlich Beschäftigte in der Werkstätte - sollten 36 in den ÖBB-Konzern übernommen werden, die übrigen will man anderweitig im Postbus beschäftigen. Von den 36 Beschäftigten dürfen 13 aus dienstrechtlichen Gründen (gegen ihren Willen) nicht in den ÖBB-Konzern versetzt werden.
Der Betriebsrat und die Postgewerkschaft GPF sehen im Schließungsbeschluss den Versuch einer Zerschlagung des Unternehmens und werfen dem Management unter anderem vor, mit der Kostensenkungsaktion "Bilanzkosmetik" betreiben zu sollen.
Cross-Border-Leasing färbt Bilanz rot
Tatsächlich wird ein schief gegangenes Finanzgeschäft das ausgeglichene operative Ergebnis 2008 in einen tiefroten Nettoverlust verwandeln. Es handelt sich dabei um sogenannte Cross-Border-Leasing-Geschäfte (CBL) auf Postbusse, die von den im vergangenen Herbst pleitegegangenen Lehman Brothers herausgegeben wurden. Mit diesen ehemals beliebten Konstruktionen haben viele öffentliche Unternehmen versucht, eine Lücke im US-amerikanischen Steuersystem profitabel zu nutzen. Anders als die 613 Millionen Euro an "CDOs", die 2008 vermutlich mehrere hundert Millionen Euro Verlust im ÖBB-Konzern verursacht haben, sind die Postbus-Millionen nicht Marke Eigenbau. Die Kontrakte sind vom früheren Eigentümer, der Post, zu verantworten.
Probleme durch Liberalisierung des Busverkehrs
Das größte Busunternehmen der Alpenrepublik spürt aktuell keine bzw. höchstens marginale Auswirkungen aus der Wirtschaftskrise, sagte Postbus-Manager Eder. Mehr Probleme bereite die schrittweise Liberalisierung des Busverkehrs seit 2006 (Streckenausschreibungen). Dies führe dazu, dass man mit 20 bis 30 Prozent höheren Personalkosten (70 Prozent der Postbus-Belegschaft sind Beamte) gegen Private fahren müsse, die ihren Fahrern viel weniger zahlten. Anders als bei der Post hat die ehemalige Tochter nicht die Verpflichtung, ihre Dienstleistung flächendeckend in Österreich anzubieten.
Der Postbus beschäftigt aktuell 3.885 Mitarbeiter und hat mit ihnen im vergangenen Jahr 383 Millionen Euro Umsatz gemacht. Insgesamt setzt er 2.100 Busse ein, sein Marktanteil im ländlichen Raum beträgt rund 70 Prozent.
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