Bei den Nachbarschaftskonflikten steht meist eine angebliche Lärmbelästigung oder die Nutzung von Gemeinschaftsräumen im Mittelpunkt. Nicht in Österreich gebürtige Mieter werden dabei oft grundlos beschimpft und diskriminiert. Zimmer führt das Beispiel einer türkisch-stämmigen Frau aus der Bundeshauptstadt an: Frau P. berichtete ZARA demnach im Jänner von Problemen mit ihrer Nachbarin, Frau Ü.
"Oft ruft Frau Ü. die Polizei und will Frau P. ohne Anlass wegen Lärmbelästigung anzeigen. Die Polizei stellt jedoch immer fest, dass keinerlei Lärmbelästigung vorliegt. Wenn Frau Ü. bemerkt, dass sich Frau P. im Stiegenhaus befindet, öffnet sie oftmals ihre Wohnungstür und schreit: 'Ausländer raus'". ZARA beschäftigte sich im Vorjahr mit 50 ähnlich gelagerten Fällen, ein Gutteil spielte sich in Wiener Gemeindebauten ab.
Wenige rechtliche Mittel zur Konfliktlösung
Gerade zur Beilegung von Nachbarschaftskonflikten gibt es eigentlich die Wiener Gebietsbetreuung. "Das Problem ist aber, dass sie auf Freiwilligkeit beruht", führt Zimmer vor Augen. Wenn Frau Ü. also nicht will, geschieht auch nichts. Und rechtliche Mittel - wenn es sie denn gibt -, führen nach Erfahrung des Leiters der ZARA-Opferberatung selten zur Lösung des Konflikts. Er sieht die Stadt Wien "gefordert, ihre Konfliktlösungs-Angebote auszubauen". Eine Möglichkeit sei ein verpflichtendes Schlichtungsverfahren. "Bei massiven rassistischen Übergriffen muss man aber der Schutzpflicht nachkommen", mahnt Zimmer - und notfalls dem uneinsichtigen Mieter kündigen.
Rassistische Schmierereien zurückgegangen
Trotz insgesamt rückläufiger Zahlen im jährlichen Rassismus-Report - 831 dokumentierten Fällen 2007 stehen 704 Fälle 2008 gegenüber - gibt ZARA also keine Entwarnung. Zurückgegangen seien nämlich nur die dokumentierten rassistischen Beschmierungen, erläutert Zimmer. Für 2009 ist ein systematisches Monitoring ausländerfeindlicher und rassistischer Parolen an Hauswänden oder Bushaltestellen durch ZARA-Mitarbeiter geplant.
Ob sich die gegenwärtige Wirtschaftskrise negativ auf den Umgang mit Ausländern auswirken wird? Für ZARA-Obmann Dieter Schindlauer ist es "kein Naturgesetz, dass die Xenophobie in der Krise zunehmen muss", sondern offenbar eher Folge dessen, was Geschäftsführerin Barbara Liegl beobachtet: "Die Bereitschaft der Politik, im Bereich Menschenrechte etwas zu tun, geht zurück."
"Kein Weg zurück ins monokulturelle Reservat"
Nichtsdestotrotz kann der Verein auf Erfolge verweisen: Etwa die Verurteilung eines Internet-Nutzers, der homophobe und rassistische Kommentare postete, durch das Wiener Landesgericht zu neun Monaten Haft, zwei davon unbedingt. Oder das überraschend große Interesse von Schülern und Lehrern an ZARA-Workshops, bei denen es laut Liegl darum geht, "Vorurteile auszusprechen, sich ihrer bewusst zu werden, um sie diskutieren zu können".
Der Verein für Zivilcourage und Anti-Rassismusarbeit will "Politische Bildung und Menschenrechte" folglich nicht als Schulfach, sondern als Unterrichtsprinzip verankert sehen und pocht auf strukturelle Veränderung. "Österreich muss endlich akzeptieren, dass es keinen Weg zurück ins monokulturelle Reservat gibt", spitzt Schindlauer zu.
BZÖ fordert "Ausländerquote im Gemeindebau"
In seiner Reaktion auf den jährlichen Rassismus-Bericht kritisierte BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz vor allem die SPÖ-Politik in Wien, welche in einer "überbordenden Zahl" von Ausländern in Gemeindebauten gemündet sei. Zuwanderer würden "durchaus bewusst" provozieren. "Wenn die Integration nicht freiwillig funktioniert, dann muss es eben Grenzen geben", forderte er einen "maximalen Anteil von Migranten nicht-deutscher Muttersprache" von zehn Prozent in Gemeindewohnungen.
FPÖ fordert Stopp für ZARA-Förderung
Der freiheitliche Abgeordnete Christian Lausch forderte indes das Innenministerium auf, die öffentliche Förderung des Berichts einzustellen, den er als eine "Ansammlung unbelegter Vorwürfe" bezeichnete. Er schwärze einzelne Polizisten "gezielt" an und verunglimpfe die Polizei im Gesamten, so der frühere Justizwachebeamte. Er rief Innenministerin Maria Fekter und Justizministerin Claudia Bandion-Ortner auf, der Exekutive "Rückendeckung" zu geben und kündigte parlamentarische Anfragen an.
"Wir greifen nie eine ganze Organisation an und meist verlaufen Amtshandlungen auch ordentlich", will der ZARA-Obmann derartige Vorwürfe nicht auf sich sitzen lassen. Dennoch sei es Aufgabe der Initiative, aufmerksam zu machen, wenn etwas "nicht ordentlich läuft". Bisher erhielt ZARA für ihren Jahresbericht 3.000 Euro Projektförderung aus dem Innenressort, bestätigte Vereinssprecherin Sonja Fercher. Für 2009 habe ZARA angesucht - noch steht aber das Budget nicht.
Grüne sehen Innenministerin Fekter gefordert
Auch die Grünen sehen Fekter gefordert - ihnen geht es allerdings um den im Regierungsprogramm angekündigten Nationalen Integrationsplan. "Frau Innenministerin, machen Sie endlich eine Integrationspolitik", forderte Menschenrechtssprecherin Alev Korun in einer Aussendung. Der Integrationsplan sei von der Bundesregierung "bisher nicht einmal angegangen" worden, klagte Korun. "Strache und Konsorten können sich ins Fäustchen lachen, denn die Regierung treibt ihnen die Wähler und Wählerinnen regelrecht in die Arme."
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