Hetze gegen Zilk

“Andenken an Vater in den Schmutz gezogen”

Bei Thomas Zilk (Bild, Hintergrund), dem in Südafrika lebenden Sohn von Wiens Altbürgermeister Helmut Zilk, läuten seit Sonntagfrüh unaufhörlich die Telefone. Freunde aus Österreich berichten ihm von der unglaublichen Medienhetze gegen seinen verstorbenen Vater. Dazu ein fassungsloser und trauriger Thomas Zilk (im Bild hinter Witwe Dagmar Koller bei den Begräbnisfeierlichkeiten) im "Krone"-Gespräch: "Das Andenken an meinen Vater wird in den Schmutz gezogen." Die Regierungsparteien sind sich indes uneinig über das weitere Vorgehen in der Affäre Zilk. Bundeskanzler Werner Feymann wolle allerdings den "richtigen Eindruck" erwecken und das Andenken von Zilk schützen.

Wie berichtet, hat das neue "profil" unter der Schlagzeile "Helmut Zilk, Spion" auf Grund fragwürdiger 40 Jahre alter CSSR-Geheimdienstdokumente dem Wiener Altbürgermeister unterstellt, in den 60er-Jahren für die Tschechoslowakei spioniert und dafür auch Geld genommen zu haben. Ein Vorwurf, den Zilk zu Lebzeiten stets vehement bestritten hatte. Sohn Thomas Zilk findet es deshalb "ziemlich eigenartig, dass das Ganze zu einem Zeitpunkt wiederkommt, wo Helmut keine Chance mehr hat, dazu Stellung zu nehmen". 

Thomas Zilk im Rückblick über seinen Vater Helmut: "Ich und sicher unzählige Österreicher haben meinen Vater als Persönlichkeit in Erinnerung, die dafür gelebt hat, Mitmenschen zu helfen, Mauern niederzureißen, und der auch stets ein offenes Ohr für die Anliegen, Sorgen und Probleme anderer hatte. Ich hoffe, dass dieses Andenken in Zukunft auch so bleiben wird."

Mit gefälschten Papieren operiert?
Die Vorwürfe gegen Zilk sind bereits bekannt, wurden über Jahre hinweg immer neu aufgewärmt und haben sich bis zum Tod des beliebten Altbürgermeisters im Vorjahr als haltlos erwiesen. Dazu muss man wissen, dass die Vorwürfe von der Staatspolizei penibelst geprüft und als nicht stichhaltig erachtet worden sind. Offensichtlich wurde mit gefälschten Papieren operiert - auch mit Zilks Unterschrift manipulierte der tschechische Geheimdienst. Zilk selbst hat die Vorwürfe stets vehement bestritten. Eine tschechische Zeitung griff diese allerdings jetzt nach Zilks Tod wieder auf - das "profil" sorgte für Verbreitung der Meldung in Österreich.

Bestürzung über diese Vorgangsweise herrschte am Sonntag bei den Spitzen der Republik. Bundespräsident Heinz Fischer ließ die "Krone" zum "Fall Zilk" wissen: "Wenn es das Prinzip der Unschuldsvermutung für Lebende gibt, muss diese Unschuldsvermutung erst recht für einen Verstorbenen gelten, der sich nicht mehr zur Wehr setzen kann. Dies umso mehr, als solche Anschuldigungen gegen Zilk im Prinzip ja schon zu Lebzeiten verbreitet, aber von kompetentester Stelle dementiert und als ungerecht bezeichnet wurden."

Faymann strikt gegen Historikerkommission
Bundeskanzler Werner Faymann hat sich strikt gegen die Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Anschuldigungen gegen Helmut Zilk, wonach dieser ein CSSR-Spion gewesen sei, ausgesprochen. Das würde nämlich den Eindruck erwecken, an den Vorwürfen sei etwas dran.

Damit würde, so Faymann weiter, eine völlig falsche Richtung eingeschlagen. Der SPÖ-Vorsitzende gab nämlich zu bedenken, dass Zilk selbst zu diesen Vorwürfen zu Lebzeiten bereits mehrmals und eindeutig Stellung genommen habe. 

Ein neuer Sachverhalt ist für Faymann demnach nicht ersichtlich - es gelte vielmehr das Andenken von Zilk zu schützen. Wogegen Faymann in Sachen Zilk nichts hat, ist, dass Historiker in Eigenregie forschen. Unterdessen kocht die Gerüchteküche wegen des Wiener Altbürgermeisters weiter über: Zilk soll danach nicht nur für die Tschechoslowakei, sondern auch für die CIA tätig gewesen sein...

Angeblicher Führungsoffizier dementiert Zahlungen
Auch ein vermeintlicher Führungsoffizier, Ladislav Bittmann, hat sich zur Verteidigung des früheren Wiener Bürgermeisters zu Wort gemeldet. In der "ZiB2" betont der Mann: "Ich habe Zilk nie für einen Agenten gehalten und ihm nie Geld gegeben." Auch den früheren Innenministern Franz Soronics (ÖVP) und Franz Löschnak (SPÖ) sei nichts über eine Spionagetätigkeit des SPÖ-Politikers bekannt, erklärten diese am Montag.

Dagmar Koller: "Ich kotze gleich!"
In der ORF-Sendung "Im Zentrum" zum Thema "War Zilk ein Spion?" erklärte "profil"-Chefredakteur Herbert Lackner dann erneut, Helmut Zilk habe sich rund 60 Mal mit Agenten des Geheimdienstes der damals kommunistischen Tschechoslowakei getroffen, und es sei auch Geld geflossen. Dagmar Koller reagierte auf diese Aussage mit den Worten: "Ich kotze gleich!" Was hier gemacht werde, sei "schmutziger Journalismus", attackierte Koller (Bild) den Journalisten. Wie Zilks Sohn Thomas appellierte auch Witwe Dagmar Koller, "diesen großen Mann friedlich ruhen zu lassen". 

Fekter: Zilk-Akten wurden vernichtet
Innenministerin Maria Fekter (ÖVP) hat am Montag festgehalten, dass "die Zilk-Akten vernichtet" worden seien - und zwar schon "Ende der 60er, Anfang der 70er Jahre". Man sei gerade dabei, den "historischen Zeitverlauf" aufzuarbeiten. Im Innenministerium gebe es aber "nach meinem Wissensstand keinen Zilk-Akt", so Fekter im Ö1-"Mittagsjournal".

Von Peter Gnam, Kronen Zeitung, und wien.krone.at