Dass der tschechische Präsident mit der Beurkundung des Dokuments noch wartet, obwohl beide Parlamentskammern dem EU-Vertrag bereits zugestimmt haben, hat dem Lissabon-Gegner innenpolitische Kritik eingebracht. Derartige Aussagen von tschechischen Parlamentariern wolle er nicht kommentieren, sagte Klaus auf entsprechende Journalisten-Fragen. Es handle sich um eine Art "Folklore der Politik", die es nicht nur in Tschechien gebe. Klaus beharrte aber darauf, dass "die Ratifizierung laut Verfassung dem Staatspräsidenten obliegt und nicht dem Parlament". Weiter wollte er nicht auf den Lissabon-Vertrag eingehen. "Das war nicht das Tagesthema. Derzeit gibt es nichts Neues in diesem Bereich. Leider."
Kontinuität versichert
Politische Beobachter meinten, dass der EU-kritische Klaus angesichts der innenpolitischen Situation das Ruder in dem derzeitigen EU-Vorsitzland übernehmen könnte. Klaus versicherte seinem österreichischen Gesprächspartner am Donnerstag, dass der Regierungswechsel in Tschechien "mehr Kontinuität als Diskontinuität" bedeuten werde. Die Arbeit der Vorgängerregierung werde fortgesetzt. "Keine revolutionären Änderungen" seien zu erwarten.
Lobend äußerten sich beide Präsidenten über das bilaterale Verhältnis. Schon allein der Staatsbesuch sei ein "klares Signal der sehr guten Beziehungen zwischen unseren Staaten", sagte Klaus. Fischer verwies darauf, dass der Besuch schon "vor mehr als einem Jahr in Aussicht genommen wurde". Die Visite sei ein "Versuch um die Intensivierung der Beziehungen". Um eine Verbesserung dieser sei Österreich "permanent und aus Überzeugung" bemüht.
Klaus will Infrastruktur-Verbesserungen
Der tschechische Präsident sieht in einem Bereich bilateral allerdings großes Verbesserungspotenzial: dem Schienen- und Straßenverkehr. "Um mit der Bahn von Prag nach Linz zu reisen, braucht es heute genauso lang, wie zu Zeiten, in denen wir in einem gemeinsamen Staat gelebt haben" - also vor 1918, sagte Klaus. Er erzählte auch: Wenn er nach Österreich zum Skifahren komme, wähle er mittlerweile eine Route über Deutschland, weil das schneller gehe. Wenn der Verkehr nicht durch die Alpenrepublik rollt, schütze dies die Umwelt, ergänzte er schmunzelnd. "Vielleicht ist es darum so."
Fischer und Klaus tauschen Orden
Im Rahmen des zweitägigen Staatsbesuchs werden Klaus und Fischer Orden austauschen. Der tschechische Präsident wurde mit dem "Großstern des Ehrenzeichens für die Verdienste um die Republik Österreich" ausgezeichnet, dem höchsten österreichischen Orden. Kritiker sehen in dieser Geste gerade in Zeiten, in denen Klaus vehement gegen den Lissabon-Vertrag auftritt, ein bedenkliches Signal. Die Initiative für den "Ordenstausch" sei von tschechischer Seite ausgegangen, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei. Es sei "ein Gebot der Höflichkeit", einen derartigen Vorschlag des Gastgebers anzunehmen.
Fekter will gegen EU-Asylpaket protestieren
Der Bundespräsident reist in Begleitung einer Delegation, der auch Innenministerin Maria Fekter (ÖVP), Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) und Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl angehören. Die beiden Minister werden an den Gesprächen Fischers teilnehmen. Treffen mit ihren jeweiligen Amtskollegen sind nicht geplant. Fekter will den Prag-Besuch auch dazu nutzen, um gegen das EU-Asylpaket des Europaparlaments zu protestieren. Diese Pläne sehen unter anderem vor, dass Asylwerbern nach sechs Monaten der Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht werden soll. Die Bestimmung ist noch nicht beschlossen, sie ist in erster Lesung im EU-Parlament angenommen worden.
Auch Treffen mit neuem Premier Jan Fischer
Fischers Programm in Prag ist vielseitig. Er trifft den neuen parteilosen Premier Jan Fischer, der nach dem Sturz der tschechischen Regierung durch ein Misstrauensvotum seit vergangenem Freitag im Amt ist. Das Expertenkabinett soll das Land bis zu Neuwahlen im Oktober regieren. der österreichische Bundespräsident wird bei seinem Prag-Besuch Gespräche mit Ex-Präsident Vaclav Havel, den Vorsitzenden der beiden Parlamentskammern - Sobotka im Senat und Miloslav Vlcek im Abgeordnetenhaus - , dem sozialdemokratischen Parteichef Jiri Paroubek sowie dem Oberbürgermeister der tschechischen Hauptstadt, Pavel Bem, führen. Außerdem beinhaltet sein Aufenthalt kulturelle Punkte wie den Besuch des Museums für Tschechischen Kubismus oder einen Spaziergang über die Karlsbrücke.
Am Freitag eröffnen Fischer und Klaus ein österreichisch-tschechisches Wirtschaftsforum. Tschechien ist der viertgrößte Wirtschaftspartner Österreichs und der größte Exportmarkt in Mittel- und Osteuropa.
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