Westenthaler reagierte unmittelbar nach der Urteilsverkündung empört und meinte zu den zahlreichen anwesenden Journalisten: "Sie wurden Zeugen einer justiziellen Farce." Das Urteil sei seit Tagen schriftlich vorbereitet gewesen und nur mehr verlesen worden. Diese Verlesung habe längere Zeit in Anspruch genommen als die Urteilsberatung, was Westenthaler "ganz offensichtlich einen Justizskandal" nannte.
OLG über Westenthalers Schelte verärgert
Dem wiederum trat der Mediensprecher des OLG, Raimund Wurzer, entschieden entgegen: "In Berufungsverfahren wird der Strafakt dem zuständigen Berufungssenat bereits mit der jeweiligen Berufungsschrift und der Stellungnahme der Oberstaatsanwaltschaft vorgelegt. Auf Grundlage dieser Schriftsätze und des übrigen Akteninhaltes wird zur Vorbereitung der mündlichen Berufungsverhandlung ein Rohkonzept als Arbeitsgrundlage erstellt", stellte Wurzer klar.
Beschränken sich - wie im Fall Westenthaler - die Prozessparteien auf den Vortrag ihrer bereits schriftlich ausgeführten Argumente, erleichtere eine solche Arbeitsgrundlage eine auf die wesentlichen Punkte konzentrierte Beratung des Senates in der mündlichen Verhandlung. "Diese Vorgangsweise dient einer effizienten Verhandlungsführung und ermöglicht es dem Senat zugleich, auf allfällige neue Aspekte angemessen zu reagieren", betonte Wurzer.
"Vorsätzlich" die Unwahrheit gesagt
Für das Berufungsgericht bestand jedenfalls kein Zweifel, dass Westenthaler im Zuge der gerichtlichen Aufarbeitung der Prügel-Affäre (der Pressesprecher der ehemaligen Justizministerin Karin Gastinger war auf Geheiß Westenthalers mehr als unsanft aus einem Lokal befördert worden, Anm.) im Zeugenstand die Unwahrheit gesagt hatte. Westenthaler habe seine unrichtige Darstellung "vorsätzlich getätigt", betonte Kunst.
Bei der Strafbemessung sei das Erstgericht allerdings "etwas zu streng" gewesen. Unter Berücksichtigung von Westenthalers bisherigem ordentlichen Lebenswandel und der Schwere seiner Schuld erscheine eine Bewährungsstrafe von sechs Monaten angemessen. Eine weitere Strafminderung oder gar die von Verteidiger Josef Wegrostek erwünschte Umwandlung in eine Geldstrafe lehnte der Senat aus generalpräventiven Gründen ab. Das Gericht wolle "negative Beispielfolgen in der Bevölkerung hintanhalten" und "präsumtive Täter" vor falschen Aussagen abhalten, sagte Kunst.
Westenthaler will Urteil bekämpfen
Westenthaler verbuchte die Strafsenkung als "Teilerfolg", kündigte aber noch im Justizpalast an, das Urteil bekämpfen zu wollen: "Wir werden den OGH anrufen (ein innerstaatlicher Instanzenzug zum Obersten Gerichtshof ist in dieser Sache allerdings ausgeschlossen, da es sich beim Verfahren gegen Westenthaler um eine Einzelrichtersache gehandelt hatte, Anm.) und zum Europäischen Gerichtshof gehen."
"Aus Respekt vor dem österreichischen Rechtsstaat und der Unabhängigkeit der Justiz haben wir das Urteil zur Kenntnis zu nehmen", teilte BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz nach der Berufungsverhandlung mit. Das BZÖ geht dessen ungeachtet weiter davon aus, "dass die Darstellungen Peter Westenthalers richtig sind".
Knie-Affäre: Zweiter Strafprozess droht
Während die Prügel-Affäre für Westenthaler nun ausgestanden ist, könnte der Politiker demnächst ein zweites Mal vor dem Kadi landen. Die Staatsanwaltschaft Wien möchte ihn wegen Körperverletzung und Widerstands gegen die Staatsgewalt belangen. Der entsprechende Vorhabensbericht liegt zur Genehmigung bereits im Justizministerium.
In dieser Sache geht es um die sogenannte Knie-Affäre: Westenthaler soll nach dem Besuch eines Fußballmatches während der letztjährigen Europameisterschaft beim Ausparken mit einem Polizisten aneinandergeraten sein und den Beamten schließlich angefahren und am Knie verletzt haben. Für Westenthaler, der dies stets bestritten hat, gilt die Unschuldsvermutung.
ÖVP: Als BZÖ-Sicherheitssprecher "ein Hohn"
Unterdessen spricht die ÖVP Westenthaler, der Sicherheitssprecher des BZÖ ist, die Berechtigung ab, sich weiter öffentlich zu den Themen Sicherheit und Kriminalität zu äußern. "Ein rechtskräftig verurteilter Abgeordneter ist als Sicherheitssprecher einer Partei völlig unglaubwürdig und ein Hohn für den Rechtsstaat", meinte ÖVP-Sicherheitssprecher Günter Kössl am Donnerstag. Westenthaler solle "in Zukunft besser schweigen, wenn es um die Themen Sicherheit und Kriminalität geht."
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