Gleich bei der Ankunft am idyllischen 350 Jahre alten Gemäuer bei Bad Mitterndorf setzt es einen heimtückischen Überfall: Die weltmeisterliche Rasselbande des Wolfgang Loitzl, der viereinhalb Jahre alte Benjamin und der zwei Jahre jüngere Nikolas, überrumpeln das "Krone"-Team.
Sportmärchen der besonderen Art
"Schnell, schnell! Der Papa wartet schon!" Und im nächsten Moment ist er auch schon da. Der Mann, der vergangenen Winter ganz Österreich verzückte, mit seinem Tourneesieg und dem Weltmeistertitel ein Sportmärchen der besonderen Art geschrieben hat. Später an diesem Nachmittag wird er es als Belohnung und eine Form der Genugtuung beschreiben. Aber davor gewährt er noch einen besonderen Einblick ins Familienglück, bietet in Zeiten der Retorten-Stars eine freudig erfrischende Portion "Wolfgang Loitzl pur"...
Seine bildhübsche Frau Marika serviert eisgekühlte Getränke im Garten, die Kids laufen nach, hüpfen an ihr, dann am Skisprung-Helden hoch. "Es geht ja eigentlich nur darum. Um die Familie, ums Glück daheim. Denn ohne sie würde das alles keinen Sinn machen", sinniert der 29-Jährige.
Plakat von Ahonen im Kinderzimmer
Und der stolze Papa ist auch keine Sekunde böse, wenn im Kinderzimmer ein Plakat von Janne Ahonen einen Ehrenplatz hat. "Zumindest hängt ja auch ein Foto von mir im Winkerl." Und Benni zeigt stolz, wie gut er selbst schon Absprung und Flugphase beherrscht. "Derzeit will er aber eher Polizist werden – oder einfach nur Rocky, den findet er unheimlich cool."
Die Rückschläge, die die Film-Figur Rocky ständig einstecken musste, sind es auch, die Wolfgang Loitzls Laufbahn so bewundernswert machen. Noch letzten Sommer ließ ihn seine alte Skifirma links liegen, wechselte er zu Atomic. Schon davor zog er sich zu B-Kader-Trainer Klaus Huber zurück. "Da werden sich einige gedacht haben: Brauchen wir uns nicht mehr mit dem Wuff herumzuplagen."
Gleichgewichtsübungen im Bach
Stolz beginnt Wolfgang den Rundgang um den Hof, in dem auch er aufgewachsen ist, zeigt den Bach, in dem er am Gleichgewicht feilt, spaziert mit den Söhnen zum Teich. "Auf dem Hügel drüben, dem 'Kragl', bin ich mit meiner Schwester Marlies erstmals auf Skiern gestanden. Aber schon damals bin ich damit nur herumghupft, hab mir überall Schanzen gebaut!"
Heute kennt ihn hier ein jeder, ist man in der Gemeinde stolz auf seinen Helden. "Aber ich werde ganz normal behandelt. Wie der Wolfi halt. Ich bin nicht der Typ Superstar. Will's auch gar nicht sein." Rückschläge: "Bei meinem Tournee-Sieg war ich unheimlich modern. Es war eine Belohnung für die viele Mühe und eine Genugtuung. Wennst kein Tiroler bist, hast du im Skispringen viele Hürden zu nehmen. Aber ich bin auch nach der Tournee super gesprungen, nur plötzlich hat's keinen mehr interessiert. Es gab nur noch Gregor Schlierenzauer. Das hat mich schon gekränkt. Doch dann ist ja die WM gekommen." Und das Gold, das für ihn ewig strahlen wird.
"Jammern gilt nicht!"
Plötzlich fehlt nur noch ein Meilenstein. Olympiasieg in Vancouver! Sein erklärtes Ziel, für das er hart schuftet. Obwohl ihn, wie er erst jetzt verrät, Knieprobleme viele Wochen kosteten. "Jammern gilt nicht!"
Auch nicht bei der nächsten Hürde: Trotz seiner Triumphe steht er für die kommende Saison noch ohne Kopfsponsor da. Aber genau diese Rückschläge sind es, die aus dem netten Wolfi einen siegeshungrigen Wolf machen. Und einen Superstar, selbst wenn er keiner sein will...
von Max Mahdalik, Kronen Zeitung
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