Czernin habe das Gemälde 1940 an Adolf Hitler für das geplante Führermuseum in Linz verkauft - unter Zwang und offenbar für einen zu geringen Preis, wie die Familie Czernin meint und sich dabei auf ein Gutachten des Provenienzforschers Michael Wladika beruft.
Seit 1946 befindet sich das um 1665 entstandene größte Gemälde des holländischen Malers in Besitz des KHM. Davor war es jahrzehntelang in Besitz der Adelsfamilie Czernin, die ein Museum in Wien betrieb. 1933 wurde die Sammlung von den Brüdern Eugen und Jaromir Czernin aufgeteilt: Laut der US-"National Gallery Of Art" bekam Eugen sämtliche Kunstwerke sowie ein Fünftel von "Die Malkunst", Jaromir die restlichen vier Fünftel. Das Bild wurde nämlich damals auf eine Million Schilling geschätzt, die komplette restliche Sammlung war 250.000 Schilling wert.
Mehrere Nazis wollten "Die Malkunst"
Nach 1938 interessierten sich zahlreiche Nazis, u.a. auch Hermann Göring, für das Bild. Dieser wollte - schriftlich dokumentierte - 1,8 Millionen Reichsmark dafür bezahlen. Hitler persönlich soll den Kauf jedoch zu seinen Gunsten verhindert haben und bezahlte laut "National Gallery" später nur 1,6 Millionen für den Vermeer, von denen sind laut Familie nur eine Million eingelangt sein soll. Die Familie erklärt den geringeren Kaufpreis mit der Angst Jaromir Czernins, übrigens ein Schwager Kurt Schuschniggs, ins KZ gebracht zu werden, weil seine Frau jüdischer Abstammung war.
Nach Kriegsende wurde das Bild von den Amerikanern gefunden, nach München gebracht und Ende 1945 an das KHM übergeben. Jaromir Czernin forderte es mehrmals in seinen Besitz zurück, bis in die fünfziger Jahre wurde jede Forderung mit der Begründung eines rechtmäßigen Kaufes abgelehnt. Trotzdem wollte er es 1955 an das US-Museum verkaufen, heißt es bei der "National Gallery". Ab 1958 wurde das Gemälde offiziell Teil der KHM-Sammlung.
Schmied: Restitutionsbeirat wird prüfen
Im zuständigen Bildungsressort will man die Forderung der Erben dem Rückgabegesetz entsprechend durch die Kommission für Provenienzforschung und den Restitutionsbeirat überprüfen lassen. Das Anliegen der Familie werde dabei wie jede andere derartige Einbringung behandelt, sagte ein Sprecher von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) am Samstag.
"Wir sind für eine glasklare und transparente Entscheidung", betonte man seitens des Unterrichtsministeriums. Die Ministerin habe immer gesagt, dass sie sich an die Empfehlungen des Rückgabebeirats halte. Wie lange ein solches Verfahren dauert, könne man derzeit noch nicht sagen. Der Anwalt der Czernin-Erben sagte gegenüber der Zeitung "Standard", dass die Familie einem Kauf des Bildes durch die Republik zu einem "angemessenen Preis" zustimmen würde. Dann könnte der Vermeer, in dessen Besitz die Republik nach dem Krieg durch eine Verfallenheitserklärung des Hitler-Vermögens in Österreich kam, weiterhin im KHM ausgestellt werden.
Haag: Rückgabe wäre "schmerzhafter Verlust"
Sollte es zu einer Restitution des Gemäldes kommen, wäre das für KHM-Generaldirektorin Sabine Haag ein "schmerzhafter Verlust". Die "Malkunst" sei das einzige Gemälde Vermeers im Museum und "zählt zu den absoluten Zimelien", meinte Haag am Samstag. Noch sei es in dem Fall aber "bei weitem zu früh, darüber nachzudenken", was im Fall einer Restitutionsempfehlung zu geschehen hätte, der Ball liege nun bei der Kommission für Provenienzforschung.
Die Forderung der Familie Czernin sei "überraschend" gekommen, auch wenn die Frage einer möglichen Restitution des Bildes in der Vergangenheit immer wieder aufgetaucht sei. Von den beiden von der Kommission bestellten Provenienzforscherinnen, die seit April den gesamten Bestand des Hauses auf seine Herkunft untersuchen, wäre das Vermeer-Gemälde routinemäßig geprüft worden, nun werde die Untersuchung des Bildes vorgezogen, sagte Haag.
Das KHM könne aber aktiv nicht mehr tun, als die beiden Forscherinnen und die Kommission bestmöglich zu unterstützen, es sei hier "keinerlei Parteinahme seitens des Museums möglich und erwünscht". Das von der Familie Czernin in Auftrag gegebene Gutachten des Provenienzforschers Michael Wladika über den Verkauf des Bildes 1940 an Adolf Hitler sei vom Museum bereits an die Kommission übergeben worden. "Es kann nur im Interesse des Hauses liegen, dass die Sachlage umfassend, objektiv und wissenschaftliche geprüft wird", betonte Haag.
Vermeers "malerisches Vermächtnis"
Das Bild "Die Malkunst" (oder auch "Allegorie der Malerei") wird von vielen Kunsthistorikern als Vermeers "malerisches Vermächtnis" betrachtet. Von dem holländischen Künstler, von dem auch der bekannte Roman "Das Mädchen mit dem Perlenohring" (2001 verfilmt) handelt, sind weniger als 40 Bilder erhalten. Im KHM ist eine ganze Wand nur für das über 340 Jahre alte Gemälde vorbehalten. Ein Schätzwert des Kunstwerks ist nicht bekannt, in Kunstkreisen gilt es aber als das wertvollste Bild im Besitz der Republik.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.