Der niederösterreichische FPÖ-Spitzenkandidat Udo Landbauer gibt sich nach den Vorwürfen gegen seine Burschenschaft wegen NS-verherrlichender Lieder sowie den Rücktrittsauforderungen an ihn trotzig: Auf Facebook postete er ein Bild von sich an der Seite von Parteichef Heinz-Christian Strache und den Slogan: "Jetzt erst recht!" Damit hatte auch der ehemalige Bundespräsident Kurt Waldheim gegen Vorwürfe, er habe seine SA-Vergangenheit verschwiegen, erfolgreich kampagnisiert.
Landbauer steht wegen der Lieder in seiner Burschenschaft "Germania Wiener Neustadt" massiv unter Druck. Er bekräftigt zwar, mit antisemitischem und nationalsozialistischem Gedankengut nichts am Hut zu haben, ist aber trotzdem mit harscher Kritik sowie Rücktrittsaufforderungen konfrontiert. Zudem leitete die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt ein Ermittlungsverfahren gegen Unbekannt wegen des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz ein.
Landbauer setzt künftig auf "O Tannenbaum"
Landbauer erklärte am Mittwoch im ORF-Radio: "In meiner Anwesenheit sind solche Lieder nie vorgekommen. Ich habe niemals verwerfliche Lieder gesungen." Außerdem ließ er wissen, dass er sich von einer "linken Meinungsdiktatur" nicht vorgeben lasse, was böse und was gut sei. Landbauer zog einen fragwürdigen Vergleich, indem er sagte, dass er es sich auch nicht nehmen lasse, "O Tannenbaum" oder "Stille Nacht" zu singen.
Auf seiner Facebook-Seite schrieb er unter dem Slogan "Jetzt erst recht!": "Die politischen Mitbewerber sind nervös. Der Wahltag könnte eine Überraschung bringen. Da kommt eine Schmutzkübelkampagne zur richtigen Zeit. Wir halten Kurs! Denn wir wissen, dass wir auf der richtigen Seite stehen."
Den Slogan "Jetzt erst recht!" hatte bereits im Jahr 1986 die ÖVP vor der Bundespräsidentenwahl auf Plakaten mit dem Konterfei ihres Kandidaten Kurt Waldheim gebracht, da sich dieser wegen seiner SA-Vergangenheit mit heftiger Kritik aus dem In- und Ausland konfrontiert sah. Waldheim rechtfertigte sich damals, er habe von nichts gewusst und nur seine Pflicht erfüllt. Den Wahlkampf konnte er schließlich für sich entscheiden.
NS-verherrlichende Liederbuch-Passagen "nie gekannt"
Am Mittwochabend wies Landbauer in der "ZiB 2" erneut alle Vorwürfe von sich. Die inkriminierten Passagen aus dem Liederbuch seien seit dem Zeitpunkt seiner Mitgliedschaft in der Vereinigung nicht mehr in dem Werk enthalten gewesen. Die alte Version habe er "nie gekannt". Danach gefragt, ob es ihn nicht gewundert habe, warum Seiten aus dem Buch geschwärzt bzw. herausgerissen waren, sagte er, darauf habe er nicht geachtet bzw. nichts davon gewusst. Allgemein beklagte Landbauer die "Wortklauberei" in der Causa.
Strache: "Burschenschaften haben nichts mit der FPÖ zu tun"
Bereits zuvor hatte Landbauer Rückendeckung von Strache erhalten. Laut dem FPÖ-Chef gebe es keine Notwendigkeit für Konsequenzen. Zum Zeitpunkt, als das Liederbuch erstellt wurde, sei Landbauer elf Jahre alt gewesen, erst später sei er in die Verbindung eingetreten. "Er hat mir versichert, dass er die Texte nicht kannte", so Strache. Landbauer habe die Sache "sehr deutlich klargestellt" und selbst Aufklärung gefordert. Zudem "haben Burschenschaften nichts mit der FPÖ zu tun".
Mikl-Leitner: Vorwürfe "sehr ernst zu nehmen"
Die politischen Mitbewerber sehen die Causa nicht so locker. Die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) bezeichnete die Vorwürfe als "schwer" und "sehr ernst zu nehmen". "Ich erwarte mir nicht nur Aufklärung, sondern auch klare Distanzierung", sagte sie im ORF-Radio. Wenn sie an die Zukunft der Landesregierung denke, müsse es Klarheit über die Vergangenheit geben.
Auf die Frage nach einer möglichen Regierungsbeteiligung von Landbauer stellte sie fest, wer in die Regierung komme und wer nicht, liege in Niederösterreich "allein in der Hand der Wähler". Sie habe immer gesagt, Arbeitsübereinkommen mit allen in der Regierung vertretenen Parteien anzustreben. "Bevor aber über ein Arbeitsübereinkommen verhandelt wird, müssen diese schwerwiegenden Vorwürfe restlos aufgeklärt werden."
"Absolut indiskutabel": Kritik von allen Seiten
Bereits zuvor hatte es Kritik von allen Seiten an Landbauer gegeben. Der Liedtext sei "absolut indiskutabel", meinte etwa ÖVP-Kanzleramtsminister Gernot Blümel. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) begrüßte das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Max Lercher sagte, Landbauer müsse "die massiven Vorwürfe um das Liedgut seiner Burschenschaft aufklären oder sofort zurücktreten". Die NEOS kündigten in der Causa eine parlamentarische Anfrage an.
Empört reagierte auch die Israelitische Kultusgemeinde, die kritisierte, dass wieder einmal ein FPÖ-Politiker im Mittelpunkt einer Affäre um NS-Verherrlichung stehe. Kritik kam auch von der Menschenrechtsorganisation SOS Mitmensch: "Landbauer versucht, die Öffentlichkeit jetzt an der Nase herumzuführen. Das brutal antisemitische Nazi-Liederbuch seiner Burschenschaft ist kein Ausreißer." Und für das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes könnten die NS-verherrlichenden Liedtexte der Burschenschaft nur die "Spitze des Eisbergs" sein. Man hoffe auf einen "Reinigungsprozess" unter den Verbindungen.
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