Zur Begrüßung gibt es einen Strauß weiße Rosen. Nana Mouskouri nimmt das Empfangsgeschenk eines Berliner Hotels mit einem Lächeln entgegen, als sie zum Interview erscheint. Dass sie in Deutschland auch nach mehr als einem halben Jahrhundert vor allem mit ihrem Schlager-Hit "Weiße Rosen aus Athen" in Verbindung gebracht wird, stört sie nicht weiter - im Gegenteil.
"Der Song war sehr gut für meine Karriere. Dass ich in Deutschland als Schlagersängerin damit berühmt wurde, ist in Ordnung. Musik ist Musik", sagt sie. Die schwarze, viereckige Brille, die zu ihrem Markenzeichen wurde, trägt Nana Mouskouri mit 83 Jahren wie eh und je. Im Gespräch geht sie spielerisch mit solchen Wiedererkennungsmerkmalen um, "ich habe noch ein paar Brillen zuhause", sagt sie, es sollen Dutzende sein. Ihr neues Album heißt "Forever young", ewig jung sind die 15 Titel tatsächlich - von Elvis' "In the Ghetto" bis Bob Dylans "Wallflower".
Kein Vermächtnis
Es ist eine Hommage an musikalische Vorbilder und Weggefährten - von Charles Aznavour und Marlene Dietrich bis zu Amy Winehouse - und eben auch an Dylan, von dem sie sich den Titelsong für die CD ausgeliehen hat. Ein Vermächtnis sei die Platte nicht, das stellt die Sängerin im Gespräch schnell klar, eher eine Erinnerung an jene, "die mir geholfen haben, dass ich da jetzt bin, wo ich bin". Sie nehme das Leben so an, wie es sich abgespielt habe. "Man wird geboren, man wächst und reift, und dazwischen gibt es wenig Zeit, zurückzublicken."
Mouskouris Erfolgsgeschichte beginnt in den 1950er-Jahren. Noch ohne Brille taucht sie in Heimatfilmen dieser Zeit auf. Sie verlässt das Athener Konservatorium ohne Abschluss, ihre Vorliebe gilt dem Jazz, "auch wenn ich Händel gesungen habe", wie sie heute sagt. Nachdem sie mit Mikis Theodorakis, so etwas wie Griechenlands musikalischer Nationalheld, eine Platte aufnimmt, wird sie auch außerhalb der Heimat bekannt. 1961 landet sie ihren ersten Hit, eben die "Weißen Rosen". Nur ein Jahr später spielt sie mit dem Jazz-Produzenten Quincy Jones eine CD in New York ein.
Mehr als nur Schlager
Mouskouri beweist in den USA, dass sie weit mehr als Schlager kann. Die Platte, die inzwischen so etwas wie Kultstatus hat, erscheint in Amerika unter dem Titel "The Girl From Greece Sings", wohl auch als Konkurrenz zum "Girl von Ipanema". Später tritt sie mit Harry Belafonte auf, geht mit ihm auf Tournee. Mehr als 300 Millionen CDs hat sie verkauft, rund 1.200 Titel in verschiedene Sprachen aufgenommen - nur Madonna hat unter den Sängerinnen mehr Scheiben abgesetzt.
Klar, Mouskouris Gesang ist mit ihr gealtert, das ist auf "Forever Young" auch zu hören. Ihre Stimme ist tiefer geworden, aber mit der Titelwahl überfordert sich die Griechin nicht. Songs wie "In the Ghetto" oder der Dietrich-Titel "Lili Marlene" passen zu ihrer Lage, auch Leonard Cohens "Hallelujah" oder Udo Lindenbergs "Durch die schweren Zeiten" kommen der dunklen Färbung entgegen. Und auch wenn sie demnächst auf Tournee geht, wird Mouskouri zuerst hinter dem Vorhang etwas Lampenfieber haben "vor diesem großen, schwarzen Loch" im Saal. Doch dann, nach ein paar Songs, wird sie spüren, "dass wir alle eine große Familie sind".
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