Am Mittwochabend ist in der Thalia-Buchhandlung in Wien-Landstraße unter regem Publikumsandrang die inzwischen zweite Biografie über Sebastian Kurz vorgestellt worden. Der jüngste Bundeskanzler der Geschichte Österreichs war bei der offiziellen Präsentation des bereits am Montag erschienenen Buches "Sebastian Kurz - Die Biografie" persönlich anwesend. Verfasst hat das Werk der deutsche "Bild"-Journalist Paul Ronzheimer, der bei der Präsentation ebenso dabei war wie die Journalistin Anna von Bayern. Die beiden führten mit Kurz eine Podiumsdiskussion über die Flüchtlingskrise.
Ronzheimers Buch bietet interessante Einblicke in das bisherige Leben von Kurz sowie hinter die Kulissen und Inszenierungen seiner Politik. Ronzheimer zeichnet von Kurz das Bild einer Ausnahmeerscheinung der europäischen Politik.
"Er ist nicht nur der jüngste Politiker, dem ein europäisches Land nach dem Zweiten Weltkrieg je seine Zukunft anvertraut hat. Er ist auch der Einzige, der es geschafft hat, eine konservative Partei in seine persönliche Bewegung umzuwandeln und zum Erfolg zu führen. Er ist ein Meister der medialen Inszenierung und schon in so jungen Jahren ein Volkstribun."
Video: Die Podiumsdiskussion bei der Buchpräsentation
Unbeschwerte Kindheit in Wien und Niederösterreich
Kurz' frühe Jahre sind durch ein behütetes und unbeschwertes Leben zwischen Wien-Meidling und dem Bauernhof der Großeltern in Niederösterreich geprägt. Auch die Flüchtlingsthematik spielt damals schon eine Rolle: Die Großmutter stammte ursprünglich aus dem serbischen Novi Sad und musste im Zweiten Weltkrieg fliehen.
Video: Kurz gibt Autogramme
Eltern nahmen Flüchtlingskinder aus Jugoslawien auf
Nach dem Zerfall Jugoslawiens und dem Krieg im Vielvölkerstaat nehmen die Eltern von Kurz Anfang der 1990er-Jahre bosnische Flüchtlingskinder auf. Gemeinsam wird Deutsch gelernt, gespielt oder ins Hallenbad gefahren. Aufgrund dieser Prägungen habe er "nie einen hetzenden oder träumerischen Ansatz bei der Integration gehabt, sondern immer einen pragmatischen", erzählt Kurz dem Autor seiner Biografie.
Als Kind "lieb und süß, aber total fordernd"
Mutter Elisabeth beschreibt ihr Kind Sebastian als herzliches, liebes und süßes, aber "total forderndes" Kind. Kurz ist ein guter Schüler und maturiert in Geschichte über die Rolle eines Offiziers im Ersten Weltkrieg. Den Lehrern fällt schon damals die meisterliche Rhetorik von Kurz junior auf. Von der ersten ÖVP-FPÖ-Regierung Anfang der 2000er-Jahre bekommt der damals 14-Jährige noch nicht allzu viel mit. Er interessiert sich noch nicht für Politik, sondern macht lieber Sport mit Freunden.
Jobverlust des Vaters als einschneidendstes Erlebnis in der Jugend
Einschneidendstes Erlebnis in Kurz' Jugend waren der Jobverlust des Vaters, der als Technik-Ingenieur tätig war, und dessen Kampf um einen neuen Job. "Dieses Erlebnis hat ihn definitiv in dem Glauben gestärkt, in die Politik zu gehen", sagt Vater Josef. Geprägt durch das christlich-soziale Wertesystem seiner Familie, meldet sich Kurz mit 16 bei der ÖVP. "Wenn er keinen anderen Blödsinn macht, dann soll er halt das tun", habe er sich damals gedacht, so der Vater. "Aber ganz ernst genommen habe ich ihn damals nicht."
Nebenjobs als Tennislehrer und Kellner
Nach Matura mit Bestnoten, Bundesheer und Beginn des Jus-Studiums wird Kurz schnell zum Vorzeige-Jungkonservativen. Zielstrebig und kommunikativ erarbeitet er sich seinen politischen Aufstieg selbst. Neben dem Studium gibt er Tennisstunden und kellnert, um sich seinen Lebensunterhalt finanzieren zu können. Nach dem Kellnern joggt er nachts nach Hause, weil das Taxi zu teuer ist. Für erstes politisches Aufsehen sorgt er mit der Forderung nach der Einführung der 24-Stunden-U-Bahn am Wochenende. Das Jus-Studium lässt Kurz vor lauter Politik schleifen.
2010 Karriereknick
Einen Karriereknick gibt es 2010 nach der missratenen "Schwarz ist geil"-Kampagne bei der Wiener Landtagswahl. Kurz versteht, wie nah Erfolg und Misserfolg beieinanderliegen, und erkennt, wie schnell die Partei jemanden fallen lässt, wenn es nicht läuft, schreibt Biograf Ronzheimer. Ein Jahr später macht der damalige ÖVP-Chef Michael Spindelegger das politische Talent Kurz aber zum Staatssekretär für Integration. Die vernichtende mediale Kritik wird zur nächsten prägenden Erfahrung. Beim offiziellen Foto der umgebildeten Regierung will niemand neben Kurz stehen, an dem nun das Image des peinlichen Jungpolitikers klebt. Erst ein "ZiB 2"-Interview bei Armin Wolf bringt den Umschwung. Das Medientalent Sebastian Kurz wird erstmals richtig deutlich. Der Takt der Medien bestimmt in der Folge auch das Handeln von Kurz, so Ronzheimer.
Schließung der Balkan-Route als Grundstein für Karriere
Das entscheidende Kapitel in Kurz' Biografie ist für den "Bild"-Journalisten aber die Flüchtlingskrise, die im Sommer 2015 an Dramatik zunimmt. Der damals schon zum Außenminister aufgestiegene Kurz spricht sich früh gegen eine Politik der offenen Grenzen und für eine restriktivere Flüchtlingspolitik aus. Er steht damit in der Ecke der Hardliner. Beim Großteil der Bevölkerung stößt Kurz indes auf Verständnis. Gegen den Widerstand von Deutschland und Griechenland betreibt er die Schließung der Balkan-Flüchtlingsroute. "Egal ob Slowenien die Ursprungsidee für die Balkan-Schließung hatte und Ungarn den Zaun nach Mazedonien lieferte - Kurz schafft es, sich selbst als den Mann zu präsentieren, der die Balkan-Route geschlossen hatte", schreibt Ronzheimer. Damit legte Kurz den Grundstein für die Übernahme der ÖVP, seinen Erfolg bei der Nationalratswahl und seinen Aufstieg zum Bundeskanzler.
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