Nach Wahldebakel
SPD-Spitze gibt nach Wahldebakel auf
Müntefering teilte den SPD-Abgeordneten auf einer Fraktionssitzung mit, dass er nicht wieder als Parteichef kandidieren werde, wie aus Fraktionskreisen zu erfahren war. Er hatte bereits am Montag nach der desaströsen Wahlniederlage der SPD seinen Rückzug angedeutet.
Auch der gescheiterte Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier gab demnach in der Sitzung bekannt, dass er das Amt des Parteichefs nicht anstrebe. Es sei sein Vorschlag gewesen, dass beide Ämter getrennt werden, sagte er. Steinmeier wurde dann mit 88,7 Prozent der Stimmen zum neuen Fraktionschef gewählt. Als Parlamentarischer Geschäftsführer wurde Thomas Oppermann mit 79,3 Prozent im Amt bestätigt.
Steinbrück will "Raum machen für Jüngere"
Auch SPD-Vize Steinbrück kündigte seinen Rückzug aus der SPD-Spitze an. Er wolle "Raum machen für Jüngere, die Funktionen übernehmen sollen in der Partei, vor allem auch auf dem wichtigen Feld Wirtschaft und Finanzen", sagte der bisherige Finanzminister, der sein Bundestagsmandat behalten will. Zudem gab Generalsekretär Heil seinen Verzicht auf eine neue Kandidatur bekannt.
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Durch die Rücktrittsserie werden die zentralen Figuren der SPD in der bisherigen Großen abgelöst. Als neuer Parteichef und damit als Nachfolger von Müntefering ist hochrangigen SPD-Kreisen zufolge der bisherige Umweltminister Sigmar Gabriel im Gespräch. Neue stellvertretende Parteivorsitzende könnten demnach Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit, der bisherige Bundesarbeitsminister Olaf Scholz und die nordrhein-westfälische SPD-Vorsitzende Hannelore Kraft werden. SPD-Vize Andrea Nahles könnte neue Generalsekretärin werden.
Gabriel gehört dem reformorientierten "Netzwerk" in der SPD-Bundestagsfraktion an. Nahles und Wowereit werden dem linken Flügel der Sozialdemokraten zugerechnet. Aus SPD-Kreisen hieß es am Rande der Fraktionssitzung, Steinmeier habe vorgeschlagen, dass in der neuen Parteiführung alle Strömungen und Gruppierungen vertreten sein sollten.
Die Personaldebatte in der SPD hatte nach dem historischen Desaster bei der Bundestagswahl begonnen. Die SPD hatte mit 23 Prozent das schlechteste Wahlergebnis bei einer Bundestagswahl überhaupt erzielt und musste ihren Platz in der Regierung an die FDP abgeben. Die neue SPD-Führung soll im November auf einem Parteitag gewählt werden.
Koalition soll bereits in einem Monat stehen
Die deutschen Unions-Parteien (CDU/CSU) und die FDP wollen am kommenden Montag in Berlin ihre Koalitionsverhandlungen aufnehmen und in fünf bis sechs Wochen abschließen. "In einem Monat sollte der Koalitionsvertrag spätestens stehen", zeigte sich CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla in einem Fernseh-Interview am Montag zuversichtlich. Bundeskanzlerin Angela Merkel geht davon aus, dass die neue Regierung dann am 9. November ihre Arbeit aufnehmen kann - einem schicksalsträchtigen Datum in der deutschen Geschichte: 1938 fand an diesem Tag die Reichspogromnacht statt, 1989 fiel am 9. November die Mauer.
CSU attackiert zukünftigen Koalitionspartner FDP
Ob die Verhandlungen wirklich so rasch von statten gehen, wird sich aber erst noch erweisen müssen, denn schon jetzt gibt es zwischen den möglichen Koalitionspartnern den ersten Krach. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer kritisierte in einem Fernseh-Interview die sozialpolitischen Forderungen der FDP. Er nannte als Beispiele für strittige Themen den Kündigungsschutz sowie die Gesundheitspolitik. Deutschland müsse ein soziales Land bleiben, sagte Seehofer auf die Liberalen bezogen. "Das habe ich einfach als Überzeugung, vom Kündigungsschutz bis zur Privatisierung der Krankenversicherung, und das werde ich auch weiterhin vertreten."
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