Hat sich neu erfunden
Berlusconi: Der große Schmähtandler ist wieder da
Bunga-Bunga! – Das war gestern. "Gott, wie langweilig", schmettert der Cavaliere Fragen danach ab. Heute geht es ihm um viel Wichtigeres: Italien retten – wieder mal, und die Italiener fahren wieder auf ihn ab.
Kein Zweifel, Silvio Berlusconi (81) hat sich neue erfunden: jetzt als weiser, milder Staatsmann, als gütiger Großvater der Nation. Er warnt vor populistischen Extremismen, besonders vor den Fünf-Sterne-Chaoten, und er kann heute der EU sogar positive Seiten abgewinnen.
Dieser Mann, der in 20 Jahren Italien in Grund und Boden und an den Rand des Staatsbankrotts regiert hatte, bietet sich nun als der Heiland aus seinem eigenen Erbschaftsdebakel an. Und die Italiener fahren wieder auf ihn ab.
Allianz mit Lega Nord und Rechtsextremisten
TV-Shows, Talkshows, Wahlkampf-Shows: Der "neue Berlusconi" hat nach sechsjähriger Zwangspause als Vorbestrafter – schon vergeben und vergessen – im Nu die Bühne der Öffentlichkeit erobert; begleitet – eh klar – von seiner um 50 Jahre jüngeren "Neuen", Francesca Pascale, und dem Schmusehündchen Dudù.
Jeder darf den Cavaliere hautnah erleben: zwei Stunden intensives Training im Schwimmbad und im Fitnessstudio – das perfekte Mittel für Berlusconi, um nach anstrengenden Wahlkampftagen neue Kraft zu tanken.
Der Multimillionär hat wieder enormes Oberwasser, was angesichts seiner skandalumwitterten vier Amtszeiten und des Imageschadens für sein Land für außenstehende Betrachter erstaunlich genug ist. Die Allianz seiner konservativen Forza Italia mit der ausländerfeindlichen Lega-Partei und den rechtspopulistischen Fratelli d'Italia liegt in Umfragen mit rund 37 Prozent vorne.
Italiener vergeben dem Vorbestraften
Sollte das Bündnis bei den Wahlen am 4. März eine regierungsfähige Mehrheit bekommen, wäre Berlusconis Rehabilitation perfekt – auch wenn er ein öffentliches Amt erst 2019 übernehmen darf. In der Zwischenzeit spielt er den Königsmacher.
Berlusconi hat das Vakuum geschickt genutzt, das sich nach dem Sturz des damaligen sozialdemokratischen Regierungschefs Matteo Renzi im vergangenen Jahr aufgetan hat: Es fehlt in Italien eine Führungsperson, die die Menschen aus ihrer Verdrossenheit herausholen könnte.
Der "italienische Kurz" ist zu langweilig
Der Spitzenkandidat der populistischen Fünf-Sterne-Bewegung, Luigi Di Maio (31 wie Sebastian Kurz): zu brav, zu uncharismatisch. Matteo Renzi: Nach seinem kometenhaften Aufstieg ist sein Stern verglüht, der 43-Jährige gilt heute als einer der unbeliebtesten Politiker des Landes. Der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini: ein Mann, der mit fremdenfeindlichen Parolen polarisiert. Berlusconi hat es geschafft, sich als "Elder Statesman" zu verkaufen.
Das große Rätsel bleibt: Wenn die Silvio-Allianz wirklich gewinnen würde, wer würde dann den Regierungschef machen? Berlusconi hat den derzeitigen Präsidenten des Europa-Parlaments, Antonio Tajani, auserkoren. Tajani als EU-Freund würde der europafeindlichen Lega aber nur schwer passen.
Die "Grillini" des Beppe Grillo lehnen jegliche Koalition ab. Spekulationen wollen nicht verstummen über Geheimkontakte der Berlusconi-Allianz mit Renzi für die Zeit nach der Wahl.
Ein wichtiges Signal war die Regionalwahl auf Sizilien, die als Testlauf für den 4. März galt. Mit einem Verbündeten von Ex-Ministerpräsident Berlusconi hatte sich das Mitte-Rechts-Lager durchgesetzt. Die sozialdemokratische Regierungspartei PD stürzte ab. Die eurokritische Fünf-Sterne-Bewegung bekam als Partei ohne Allianzen zwar die meisten Stimmen, aber nicht das Regierungsamt.
Nicht lachen! Berlusconi kämpft für Frauenrechte
Silvio Berlusconi versteht sich heute sogar als Anwalt der Frauen. "Für uns ist die Verteidigung der Frauenrechte eine Priorität und sie ist es immer gewesen", sagte der 81-Jährige in einem Fernsehinterview, in dem er die Verdienste seiner einstigen Regierung beim Thema Frauenrechte lobte. Als die Linke an die Macht kam, habe sie jedoch die entgegengesetzte Richtung eingeschlagen, schwadroniert der Cavaliere.
Jetzt hat Berlusconi nur Gutes über Frauen zu berichten: "In mir drinnen habe ich eine Überzeugung: Die Frauen sind viel besser als wir, sie sind viel besser in der Schule, sind viel besser in der Universität und in der Arbeit. Sie machen die Dinge viel besser als wir", sagte er der Moderatorin der Sendung "Mattino 5", die auf einem Sender des Berlusconi-Medienimperiums Mediaset gezeigt wurde. "Und ihr habt das Talent, bei Problemen sofort die Lösung zu finden. Ein Talent, das wir nicht haben." Amen.
Kurz Seinitz, Kronen Zeitung
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.