"Kein Spielzeug"

Unfälle mit Kindern: Polizei will neues Softgun-Gesetz

Österreich
02.10.2009 10:51
Polizisten schlagen Alarm um sogenannte "Kinder-Softguns": Ihren Ausgang nimmt die Initiative beim Polizeiposten im 5.000-Einwohner-Ort Bergheim. Die Beamten aus der Gemeinde im salzburgischen Flachgau haben beim Bundeskriminalamt nach zwei Vorfällen mit Schützen im Kindesalter ein Waffen-Gutachten angestrengt. Es zeigt zwar, dass die Federdruckpistolen "gerade noch" in die Spielzeugkategorie fallen, für die Polizisten jedoch ein Grund mehr, den Gesetzgeber zu alarmieren.

Den Bergheimer Polizisten geht es um die "Airsoft Guns" genannten Federdruckpistolen, die nicht unter die Softgun-Verordnung fallen, die während des ersten Pistolen-Booms in den Neunzigern erlassen wurde. Die Pistolen dürfen daher an Minderjährige verkauft werden und gelten vor dem Gesetz als Spielzeug. 

Rein optisch sind sie von den herkömmlichen Softguns (Bild) oft nicht zu unterscheiden, es handelt sich schusstechnisch aber um "entschärfte" Versionen. Dass man damit aber trotzdem jemanden ernsthaft verletzten kann, haben die Bergheimer Polizisten in den letzten Monat mehrmals erlebt.

Bub machte Großtante zu Schmerzpatientin
Am 21. Mai traf ein sechsjähriger Schütze mit so einer "Kinder-Softgun" im Schrebergartenanlage in Salzburg-Kasern die linke Schläfe seiner 53-jährigen Großtante. Die Büroangestellte leidet nach wie vor an den Folgen der Schädelprellung und des getroffenen Nervs. "Ich stehe mit Schmerzen auf und lege mich mit Schmerzen ins Bett", schildert sie. Herzrasen, Hypernervosität und Konzentrationsstörungen bekämpft die Frau mit Hypnosetherapie und Akupunkturbehandlungen. 

Ein Arzt meinte, bis ein Behandlungserfolg eintritt, könne es ein Jahr dauern. "Meine Lebensqualität ist beeinträchtigt. Ich habe die Sache jetzt dem Anwalt übergeben und fordere Schmerzensgeld. Softguns sind so unnötig wie ein Kropf und gehören für Kinder verboten."

Neunjähriger schoss Spielfreund ins Auge
Der jüngste Vorfall verlief noch dramatischer: Am 15. Juni hantierten drei Kinder auf einem Bauernhof in Bergheim mit einer "Air Sport Gun". Das "Spielzeug" wurde einen Tag zuvor auf einem Kirtagstand erworben. Zuerst konnten die Buben den Verschluss der Federdruckpistole laut Unfallanzeige nicht richtig spannen. Dann drückte ein Neunjähriger "unbekümmert ab". Die sechs Millimeter dicke Plastikkugel schoss seinem zehnjährigen Freund aus kurzer Entfernung ins rechte Auge. Ärzte im Landeskrankenhaus attestierten eine schwere Prellung des Augapfels mit Vorderkammerblutung, eine Pupillenstörung und eine Hornhautverletzung.

Gutachten: "Gerade noch" ein Spielzeug
In beiden Fällen sind die Schützen strafunmündig. Die Exekutive übermittelte jeweils einen Bericht an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde. Um zu eruieren, wie gefährlich die "Kinder-Softgun" im Fall des schwer verletzten Buben in Bergheim war, ließ das Landeskriminalamt über Antrag der Bergheimer die Geschossenergie vom BK kriminaltechnisch untersuchen.

Nun liegt der Prüfbericht vom 23. September vor. Die Hartplastikkugel aus der Federdruckpistole hatte eine maximale Bewegungsenergie von 0,07 Joule. Demnach gilt die vorliegende "Soft-Air-Pistole" als Spielzeug im Sinne des Lebensmittelgesetzes, weil die maximale Bewegungsenergie von mehr als 0,08 Joule nicht erreicht wurde". "Ab diesem Wert würde es sich um ein schusswaffenähnliches Produkt handeln und es wäre für Personen unter 18 Jahren verboten", erläuterte der Polizeiinspektionskommandant von Bergheim, Helmut Naderer. Die Hersteller wissen das natürlich und konstruieren die spottbillig auf Kirtagsständen erhältlichen Pistolen dementsprechend.

"Soft-Air-Waffen" fallen also nicht unter die Bestimmungen des Waffengesetzes 1996. "Es ist fraglich, ob man Softguns als Spielzeug verkaufen und in die Hände von Kindern ab drei Jahren geben soll, wenn sie so schwere Verletzungen herbeiführen. Die beiden Fälle demonstrieren sehr wohl ihre Gefährlichkeit. Softguns gehören für unter 18-Jährige verboten", forderte Naderer.

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