Richterin Marion Hohenecker steht seit Beginn des Buwog-Prozesses im Kreuzfeuer des Anwälteteams von Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser. Wegen Grasser-kritischer Tweets des Ehemannes von Hohenecker, der selbst Richter ist, äußerten sie den Verdacht der Befangenheit. Sämtliche Angriffe gegen die Vorsitzende wurden aber abgewehrt - auch der jüngste Versuch des ehemaligen FPÖ-Justizministers Dieter Böhmdorfer. Dieser hatte sich mit einer Nichtigkeitsbeschwerde an die Generalprokuratur gewandt - erfolglos. Der Prozess selbst geht am Mittwoch mit der Befragung des nächsten Angeklagten weiter. Bisher waren Peter Hochegger, Karl Petrikovics und Georg Starzer an der Reihe. Nach wie vor ist unklar, wann Grasser als Hauptangeklagter drankommt.
Der frühere Justizminister Böhmdorfer, der jahrelang mit Grasser in der schwarz-blauen Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) saß, hatte in einem Schriftsatz an die Generalprokuratur als Bürger angeregt, dass die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergreifen möge, um beim Obersten Gerichtshof (OGH) prüfen zu lassen, ob bei der Richterin Befangenheit vorliege.
"Außeneinflüsse begründen noch keine Befangenheit"
Wie der Sprecher der Generalprokuratur, Generalanwalt Martin Ulrich, am Montag erläuterte, liege aber kein Grund für ein solches Vorgehen vor: Es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass Außeneinflüsse auf einen Richter für sich allein noch keinen zur Befangenheit führenden Umstand begründen. "Richter sind - wie alle Menschen - regelmäßig (etwa medialen) Außeneinflüssen der aktuellen Informationsgesellschaft, aber auch Meinungsbekundungen von Personen in- und außerhalb der Justiz ausgesetzt. Es ist wesentliches Element des Richterberufs, sich von solchen Einflüssen abzugrenzen und Entscheidungen erst nach gewissenhafter Prüfung der aufgenommenen Beweise zu treffen", heißt es in der Begründung der Generalprokuratur.
Und weiter: "Allein Meinungsbekundungen (Tweets) eines nahen Angehörigen sind noch nicht geeignet, Zweifel an der Unbefangenheit einer Richterin zu wecken, sofern nicht weitere, in der Person der Richterin gelegene Umstände hinzutreten." Solche lägen bei Richterin Hohenecker nicht vor. Daher entsprach die Einschätzung des Landesgerichts für Strafsachen Wien, wonach keine äußeren Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung der vorsitzenden Richterin zu wecken, dem Gesetz, so die Generalprokuratur. Das Landesgericht hatte vor Beginn des Prozesses im Dezember des Vorjahres bereits Anträge gegen die Richterin wegen behaupteter Befangenheit abgelehnt.
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