Der menschliche Körper ist fähig, geschädigte Zellbausteine selbst abzubauen. Er entledigt sich "zellulären Mülls" mittels der sogenannten Autophagie ("sich selbst fressen"). Madeo und Eisenberg vom Institut für Molekulare Biowissenschaften an der Karl-Franzens-Universität Graz fanden nun heraus, dass von außen hinzugefügtes Spermidin diesen Prozess ankurbeln kann. Es hilft, geschädigte Zellen zu reparieren und so den Alterungsprozess zu bremsen, so die beiden Wissenschaftler, deren Studie in der jüngsten Ausgabe des Wissenschaftsjournal "Nature Cell Biology" veröffentlicht wurde.
Auch in Grapefruits und Sojabonen enthalten
Spermidin ist eine Substanz, die sich in allen menschlichen Körperzellen findet, u.a. reichlich im Sperma, wo es erstmals gefunden wurde. Hohe Konzentrationen dieses natürlichen Polyamins finden sich auch in Grapefruits, Weizenkeimen und Sojabohnen. Die Substanz hilft wachsenden Zellen bei der Produktion von Nukleinsäure und Protein. Die Menge von Spermidin im Körper erhöht sich bei einer Beschleunigung des Stoffwechsels, bei verlangsamtem Stoffwechsel und im Alter nimmt die Konzentration ab.
"Gral der Altersforschung" gefunden?
Ebenso verringert sich die Fähigkeit des Körpers, geschädigte Proteine über den Prozess der Autophagie zu entsorgen. Von außen hinzugefügtes Spermidin kann diesen Vorgang - die Grazer Forscher sprechen vom "wichtigsten Faktor für Langlebigkeit" - in Gang halten: "Die Maschinerie läuft nach Spermidin-Zugabe auf Hochtouren", so Madeo und Eisenberg. Die Ergebnisse könnten für die klinische Forschung relevant werden, zum Beispiel bei Alterserkrankungen wie Alzheimer und Parkinson: Diese entstehen durch Ablagerung von verklumpten Proteinen, also Zellenabfall in Nervenzellen. "Es könnte sein, dass wir den heiligen Gral der Altersforschung gefunden haben", meint Eisenberg, Erstautor der Studie.
Elf Universitäten an Studie beteiligt
"Menschliche Immunzellen, Fliegen, Würmer und Hefe, die in der Forschung ein beliebtes Alterungsmodell darstellt, werden durch Spermidinzugabe verjüngt und leben länger", fassten Madeo und Eisenberg das Ergebnis der von Graz aus koordinierten Studie zusammen, an der rund 30 Forscher von elf Universitäten beteiligt waren.
Demnach leben Hefezellen, die in einem spermidinreichen Medium kultiviert wurden, viermal länger als ohne Spermidin, menschliche Immunzellen überlebten dreimal länger, Fruchtfliegen und Nematoden hatten eine um 30 Prozent verlängerte Lebenszeit, wenn sie eine entsprechende Spermidin-Diät bekamen. Bei Mäusen konnten die durch freie Radikale hervorgerufenen Schäden an Proteinen, die ein besonders wichtiger Alterungsmarker sind, deutlich reduziert werden.
Kommentare
Da dieser Artikel älter als 18 Monate ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Kommentieren mehr möglich.
Wir laden Sie ein, bei einer aktuelleren themenrelevanten Story mitzudiskutieren: Themenübersicht.
Bei Fragen können Sie sich gern an das Community-Team per Mail an forum@krone.at wenden.